Mit Mode Menschenleben verändern

Chaiim und EYD helfen gemeinsam, traumatisierte Frauen und Mädchen durch ein Social Business Modell wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Weltweit gibt es über 40 Millionen Menschen, die in moderner Sklaverei leben. Zwangsprostitution, Ausbeutung, Menschenhandel oder Stigmatisierung – Unterdrückung gibt es überall und besonders Frauen und Mädchen sind davon betroffen: 71 Prozent werden als billige Haushaltskräfte ausgenutzt oder sexuell ausgebeutet. Jedes Jahr verschwinden weltweit Frauen in Menschenhandel und Zwangsprostitution – unabhängig davon wie reich oder arm ein Land ist. Wenn diese Frauen verschwinden, bleibt das meistens unsichtbar, zumal Informationen über die Schattenwirtschaft des Menschenhandels rar sind. 

Diesen inakzeptablen Zustand zu ändern ist das Ziel der indischen Stiftung Chaiim, die mit Frauen und Mädchen zusammenarbeitet, die aus der Zwangsprostitution befreit wurden, und diese ganzheitlich bei der Reintegration unterstützt. Alleine ist dieses Unterfangen allerdings kaum zu realisieren. Mit vier weiteren Partnern hat sich ein schlagkräftiges Netzwerk formiert. Die Mitstreiter ergänzen sich perfekt und können dadurch viel zusammen bewirken. Eine zentrale Säule ist ein eigenes Sozialunternehmen, das nachhaltig verarbeitete Textilien herstellt und diese über das soziale Modelabel EYD vertreibt. So kann die Arbeit der Organisation in Teilen finanziert und gleichzeitig Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema geschaffen werden.

 

Ein Netzwerk für nachhaltigen Erfolg gegen Menschenhandel

 

International Justice Mission

Befreiung der Frauen und Mädchen sowie strafrechtliche Verfolgung der Täter

Chaiim Foundation

Anlaufstelle und ganzheitliche Betreuung der traumatisierten Frauen und Mädchen in Indien

Chaiim Humanitarian Clothing

Ausbildungs- und Arbeitsplatz zu fairen Konditionen mit dem Ziel der Reintegration

EYD social gemeinnützige GmbH

Marketing und Vertrieb der Textilien über den Online Shop des eigenen Modelabels zur Sicherstellung der Arbeitsplätze

Made for Humanity e.V.

Aufklärungsarbeit sowie Unterstützung bei der (Schul-)Bildung und psychologischen Betreuung der Frauen

 

© Chaiim

 

Chaiim und EYD helfen gemeinsam, traumatisierte Frauen und Mädchen durch ein selbsttragendes Social Business Modell wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Aus der Zwangsprostitution befreite Frauen und Mädchen werden gestärkt, indem sie einen Arbeitsplatz in einer Werkstatt und einen existenzsichernden Lohn bekommen. Diese Beschäftigung in einem geschützten Umfeld soll Hoffnung machen und eine neue Perspektive ermöglichen. Gleichzeitig werden sie psychologisch betreut und können eine Schulbildung nachholen. In diesem Prozess sind alle beteiligten Parteien nicht nur Businesspartner:innen, sondern zu Gleichgesinnten im Kampf für soziale Gerechtigkeit geworden.

 

Neue Wege für einen fairen, nachhaltigen Textilsektor

Bio-Baumwolle und Sozialstandards sind nur ein kleiner Ausschnitt der Möglichkeiten, die Textilbranche nachhaltiger zu machen. Immer mehr soziale Startups bereichern den Markt, deren Geschäftsmodelle gezielt eine gesellschaftliche Herausforderung lösen wollen. Hierfür braucht es Investoren, die ihren Erfolg ebenfalls weniger an der finanziellen Rendite als am erzielten gesellschaftlichen Mehrwert messen und somit die gleiche Perspektive einnehmen wie die Sozialunternehmen, in die sie investieren. Einige Modelabels haben inspirierende Wege gefunden, stylische Mode herzustellen, die gleichzeitig die Lebensbedingungen von Menschen substanziell verbessern.

Modelabels wie EYD gehen ganz neue, inspirierende Wege, um den Textilsektor fair und nachhaltig zu gestalten. Gründerin und Buchautorin Nathalie Schaller brennt für Gerechtigkeit, gleichzeitig legt sie gerne einfach mal los und wartet nicht darauf, dass es jemand anderes tut. Im Jurastudium hat sie schnell festgestellt, dass sie nach einer größeren Gerechtigkeit strebt, bei der nicht Sach- und Rechtslagen im Vordergrund stehen, sondern die Menschen selbst. Während eines Auslandsaufenthalts in Kambodscha wurde sie auf das Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution aufmerksam und besuchte ein Schutzhaus für Frauen, die aus den Fängen von Menschenhändlern befreit werden konnten. Die Lebensgeschichten dieser Frauen haben sie nicht mehr losgelassen. Oftmals von den eigenen Familien verkauft und ohne Schul- oder Berufsbildung haben sie selbst nach ihrer Rettung keine Hoffnung und Perspektive. Ihr war schnell klar, dass sie diese Frauen unterstützen möchte und so wurde eine Vision geboren: Die Idee eines humanitären Modelabels – mit professionellen und nachhaltigen Designs, verwoben mit der persönlichen Geschichte jeder einzelnen Frau. 

 

© EYD

 

EYD ist also nicht einfach nur ein nachhaltiges Modelabel, sondern das Team hat eine soziale Mission. Es hat sich explizit zur Aufgabe gemacht, benachteiligten Frauen Sichtbarkeit zu geben und sie dadurch zu empowern. Das Label trägt etwas versteckt seine Botschaft bereits im Namen: EYD – ausgesprochen wie “Aid” steht für Hilfe – und ist die Abkürzung für “Empower your Dressmaker”. In jedem Kleidungsstück findet sich ein individueller Imprint Stempel der Frau, die an dem Kleidungsstück mitgearbeitet hat. Auf der Homepage gibt es weiterführende Informationen, die einen kleinen Einblick in die Welt der Näherinnen geben und für diese Frauen eine große Wertschätzung darstellen, da sie normalerweise unsichtbar bleiben.

Die Produktionskosten liegen natürlich deutlich über denen konventioneller Nähereien, da die Produktivität und das Volumen der Produktion unter denen der großen Textilmanufakturen liegt. Mit EYD investieren Kund:innen also nicht nur in sozial- und umweltverträgliche Mode aus hochwertigen ökologisch korrekten Materialien, sondern hauptsächlich in die Menschen, die diese Kleidungsstücke herstellen. “Bei uns stehen die „Dressmakers“, also die Näherinnen, im Fokus und nicht die Produkte oder der Profit.”, so Schaller. Das humanitäre Modelabel richtet sich also gezielt an Menschen, die ein Zeichen setzen wollen und deren Community die Empowerment-Mission am Herzen liegt.

Mit geballter Power mehr bewegen

Das Label EYD hat einen enormen Tiefgang und ist ein Baustein eines größeren Ganzen. EYD lässt seine Kollektion von dem Sozialunternehmen der Chaiim Stiftung herstellen. Diese hat sich zur Aufgabe gemacht, Mädchen, die aus der Zwangsprostitution befreit wurden, zu helfen, wieder Fuß zu fassen und einen Weg zurück in die Normalität zu finden. Die angegliederte Näherei gehört dazu. Chaiim selbst arbeitet mit der globalen Non-Profit Organisation International Justice Mission zusammen, die sich weltweit für den Kampf gegen Sklaverei und Zwangsprostition einsetzt. In Deutschland ist EYD eng verbunden mit dem gemeinnützigen Verein “Made for Humanity”, der über Spenden an die indische Partnerorganisation den sozialen Hebel nochmals vergrößert.

 

© Chaiim

 

Das Herzstück ist die soziale Partnerwerkstatt Chaiim in Indien: In Mumbai entsteht der größte Teil der EYD-Kollektionen, hier hat die erste karitative Partnerwerkstatt Chaiim Humanitarian Clothing ihren Sitz. In der Produktion werden Frauen beschäftigt, die aus Menschenhandel und Zwangsprostitution befreit werden konnten und nun die Chance auf ein neues, selbstbestimmtes Leben bekommen. Chaiim bietet dabei nicht nur eine Arbeit als Näherin in einem geschützten Umfeld, sondern auch Hilfestellung in den Bereichen Bildung und Life-Skills. Die traumatisierten Frauen brauchen Unterstützung in allen Lebensbereichen, um in der Lage zu sein, ihren normalen Alltag zu managen. Nur so können sie davor geschützt werden, erneut in Armut und dadurch in jegliche Formen von Zwangsarbeit zu geraten. Die Vision von Chaiim ist die Rehabilitierung der Frauen, die den Menschenhandel überlebt haben. Dabei wollen sie das Wohlergehen der Ausgegrenzten, Armen, Benachteiligten und Ausgebeuteten fördern – und zwar unabhängig von Religion, Kaste oder Geschlecht. 

 

«In unserer Welt arm geboren zu werden, bedeutet, verletzlich und von Ausbeutung bedroht zu sein. Als Frau und Arm geboren zu werden, ist wie das Warten auf ein Verbrechen.» Keith and Ramona Dsouza, Founder CHAIIM Foundation & CHAIIM Humanitarian clothing

 

Dieser Ansatz von Women Empowerment ist für die indische Gesellschaft eine Mammutaufgabe. Im Projekt sind 95 Prozent der Stellen mit Frauen besetzt und alle relevanten Abteilungen werden von professionell ausgebildeten weiblichen Führungskräften geleitet. Die Chaiim Foundation hat eine Kultur etabliert, in der Frauen ermutigt werden, die gleiche Verantwortung wie ihre männlichen Kollegen zu übernehmen und bietet den Frauen die nötige Unterstützung, um in Führungspositionen zu kommen. Eine weitere Partnerwerkstatt gibt es in Puurna, Nepal sowie eine indische Schmuckproduktion mit der Marke Purpose Jewelry. Mit dem Unternehmer-Ehepaar Marius und Christine Ritzi wurde darüber hinaus eine integrative Nähwerkstatt für Geflüchtete in Baden-Württemberg ins Leben gerufen.

 

Wohin geht die Reise?

Das Potenzial zu wachsen ist da, denn immer mehr Menschen nutzen ihre täglichen Kaufentscheidungen, um ein Zeichen zu setzen, z.B. für Menschlichkeit und Solidarität. Diese Werte sind auch der Antrieb für Werner und Friedgund Armingeon, sich für EYD zu engagieren. Sie haben das Startup sowie den gemeinnützigen Verein als Teil ihres privaten Engagements für eine bessere Welt maßgeblich mitfinanziert. “Für uns ist das Investment erfolgreich, wenn wir auf diese Weise mehr erreichen, als durch eine direkte Geldspende an die Stiftung in Indien”, argumentiert Werner Armingeon – eine soziale Sichtweise, die unter Investoren seinesgleichen sucht. 

Nicht nur die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass in der Modeindustrie ein enormes Überproduktions-Problem herrscht. Auch hier sucht EYD bereits nach Möglichkeiten, um noch bedarfsorientierter zu produzieren. Zusätzlich soll EYD als Community-Marke ausgerichtet werden. Mittlerweile hat Schaller ihre Geschichte aufgeschrieben: “Der Stoff, aus dem die Freiheit ist.” In ihrem Buch erzählt sie inspirierend von der Gründungsgeschichte der Marke EYD und davon, wie sich Puzzleteile und Begegnungen aus der ganzen Welt zusammengesetzt haben – alle mit dem gleichen Ziel: Die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Oder wie das Motto von Schaller: Mit schönen Dingen die Welt ein bisschen besser machen.

Wir unterstützen Chaiim im Januar 2023 mit den Einnahmen von GOOD. Mehr hierzu erfahrt ihr auf unserer Projektseite:

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Andreas Renner, Co-Founder GOOD: andreas@good-search.org