„Die Welt braucht mehr Menschen, die anpacken und daran glauben, gemeinsam etwas Großes bewegen zu können“ – INTERVIEW

© dooiy

Marlene Lerch ist Mitgründerin der DIY-Plattform dooiy. Wie kann man auf kleinem Raum Gemüse anbauen, Damenbinden nähen oder Seife herstellen? Antworten auf diese Fragen können für Menschen in Armutsgebieten der erste Schritt zu einem besseren Leben sein. Ein Smartphone alleine reicht jedoch nicht, um dieses Wissen allen zugänglich zu machen. Die Angebote sind daher datensparsam aufbereitet und niedrigschwellig, so dass sie einfach umzusetzen sind, denn das Selbermachen steht für dooiy an erster Stelle.

Welches Problem löst ihr mit dooiy? Warum braucht es dafür genau eure Lösung?

Wir schaffen mit dooiy.org die erste Do-It-Yourself (DIY)-Plattform für und zusammen mit Menschen in armutsgeprägten Gebieten, z.B. informellen Siedlungen. Aktuell gibt es im Internet keine Plattform, die relevante und kostengünstige Lösungen bündelt und einfach und datensparsam zugänglich macht. Das ändern wir mit dooiy. Mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen und durch Austausch können Menschen ihre Lebenssituation selbstbestimmt verbessern und neue Einkommensmöglichkeiten erschließen.

Was hast du gemacht, bevor du das aktuelle Projekt/Unternehmen gestartet hast?

Studiert habe ich Geographie und internationale Stadtforschung. Danach (und auch schon währenddessen) habe ich als Projektmanagerin in unterschiedlichen Stadtentwicklungsprojekten gearbeitet. Dabei ging es immer darum, Menschen zusammenzubringen, Netzwerke aufzubauen, experimentelle Formate zu entwickeln und Orte partizipativ zu gestalten. Zuletzt war ich Netzwerkmanagerin im InnoTechHub, dem Startup-Inkubator der HTW Berlin.

Was oder wer hat dich dazu bewegt, Sozialunternehmer:in zu werden?

Mir war es schon immer wichtig, mit meiner Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert zu erzeugen. Die Idee zur Gründung ist dann im Anschluss an ein mehrmonatiges Sabbatical in Südafrika entstanden, gemeinsam mit meinem Mann Christian. Inspiration dafür waren die vielen Begegnungen mit Change-Makern vor Ort. Menschen, die in kleinem und großem Rahmen über sich hinauswachsen und in ihren Communities einen echten Unterschied machen.

Welche eurer Erfolge sind dir besonders in Erinnerung geblieben?

Ganz besonders war für mich die Begegnung mit Alicia. Ihr Zuhause ist letztes Jahr bei einem großen Feuer zusammen mit 250 anderen Hütten abgebrannt. Die meisten Menschen haben dabei alles verloren – traumatisch! Gemeinsam haben wir später mit der Community 120+ DIY-Feuerlöscher gebaut. Einige Monate später konnte Alicia mit ihrem Feuerlöscher einen weiteren Großbrand in ihrer informellen Siedlung verhindern. Das hat mich unglaublich berührt und glücklich gemacht.

Gab es Momente, die besonders herausfordernd waren und was habt ihr daraus gelernt?

Na klar. Das geht eigentlich in Wellen. Besonders herausfordernd war die Zeit, in der wir durch Corona nicht in unser Pilotland Südafrika reisen konnten und unseren Prototypen erst einmal aus der Ferne testen mussten. Jetzt, wo wir ein kleines Team in Südafrika haben, gehen solche Dinge deutlich einfacher. Herausfordernd, aber auch sehr bereichernd ist die Gründung als Paar mit Familie. Schwierig ist dabei manchmal die eingeschränkte Flexibilität, andererseits ist es auch ein großes gemeinsames Abenteuer!

© Marlene Lerch

„Mir war es schon immer wichtig, mit meiner Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert zu erzeugen. Die Idee zur Gründung ist dann im Anschluss an ein mehrmonatiges Sabbatical in Südafrika entstanden, gemeinsam mit meinem Mann Christian. Inspiration dafür waren die vielen Begegnungen mit Change-Makern vor Ort. Menschen, die in kleinem und großem Rahmen über sich hinauswachsen und in ihren Communities einen echten Unterschied machen.“
— Marlene Lerch, Mitgründerin von dooiy

Wo soll die Reise in Zukunft hingehen und was sind die nächsten großen Ziele?

Jetzt, wo wir online sind, geht es darum, dooiy bekannter zu machen, den Content zu erweitern und die Community zu vergrößern. Ein wichtiges Ziel ist daher der weitere Aufbau strategischer Partnerschaften. Wie z.B. mit der City of Cape Town, die jetzt unsere Hacks in Workshops verbreitet und bekannter macht. Nach der Markteinführung in Südafrika wollen wir dooiy natürlich auch in andere Regionen skalieren.

Was hättest du gerne gewusst, bevor ihr euer Projekt/Unternehmen gestartet habt? Welchen Rat würdest du anderen mit auf den Weg geben?

Ich habe sehr vieles nicht gewusst und ich glaube, das geht den meisten Menschen so, die gründen. Man muss sich einfach mit sehr vielen unterschiedlichen Dingen auf einmal auseinandersetzen und hat dafür nur sehr begrenzte Ressourcen. Ich finde, das ist gerade einer der spannendsten Aspekte an dieser Reise – ständig zu lernen und Lösungen entwickeln zu dürfen. Also: keine Sorge, wenn du etwas nicht kannst – lern es auf dem Weg und suche dir Gleichgesinnte für eine gegenseitige Unterstützung.

Welchen Podcast hörst du regelmäßig? Welches Buch ist für dich persönlich ein absolutes Must-read?

Absolutes Must-read ist für mich „Humankind“ von Rutger Bregman. Podcasts höre ich nicht so regelmäßig. Wenn, dann gerne z.B. den Purpose Projects Podcast.

Welche Organisation bzw. welches Start-up beeindruckt dich besonders und ist für dich ein wahres Vorbild?
Africa GreenTec. Ich finde einfach unglaublich, was Torsten Schreiber und sein Team auf die Beine stellen. Der Mut und das Commitment sind für mich total beeindruckend.

Ergänze diesen Satz: Die Welt braucht mehr …

Menschen, die anpacken und daran glauben, gemeinsam etwas Großes bewegen zu können.

Wir unterstützten dooiy im Juni 2023 mit den Einnahmen von GOOD. Mehr hierzu erfahrt ihr auf unserer Projektseite: