Mission: Leben retten

© Region der Lebensretter

Wir stellen drei außergewöhnliche Initiativen vor, die von einem intelligenten Zusammenspiel von Mensch und Technik leben. Alle drei verfolgen dasselbe Ziel: Leben retten.

Die Anwendungsbereiche der von uns vorgestellten Initiativen sind breit gestreut: Sie reichen vom Einsatz von Ehrenamtlichen in akuten medizinischen Notfällen, dem Einsatz von professionell ausgebildeten Ratten in der Erdbeben Soforthilfe bis zu einer digitalen App, die es suizidgefährdeten Jugendlichen leichter macht, in Krisen Unterstützung zu finden und Hilfe anzunehmen.

Region der Lebensretter – Sekundenschnelle Hilfe bei Herzstillstand | Das Smartphone als Lebensretter

Der plötzliche Herztod ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland und es kann jede Person treffen, unabhängig von Alter oder Fitnesslevel. Der Rettungsdienst trifft häufig schnell ein – in Großstädten etwa 6-9 Minuten nach dem Notruf, auf dem Land wesentlich später – und trotzdem sind die Überlebenschancen gering. Denn bei einem Herzstillstand  sind die ersten vier Minuten entscheidend, da unmittelbar irreversible Schäden im Gehirn auftreten und nur etwa 10-15 Prozent der Patienten überhaupt überleben. Wird jedoch mit überlebenswichtigen Maßnahmen in den ersten vier Minuten begonnen, verdoppeln bis vervierfachen sich die Überlebenschancen. 

Dieses reanimationsfreie Intervall auf ein Minimum zu verkürzen ist seit 2018 das Ziel des gemeinnützigen Freiburger Vereins Region der Lebensretter e.V. In Zusammenarbeit mit regionalen Hilfsorganisationen, den Feuerwehren und Leitstellen hat der Notfallmediziner Michael Müller in Freiburg auf Basis der 2014 in Dänemark entwickelten Alarmierungs-App FirstAED ein Smartphone-basiertes System gelauncht, das qualifizierte Ersthelfende einbindet. Von da an werden bei einem Notrufeingang mit Diagnose Herzkreislaufstillstand parallel zum Rettungswagen auch registrierte Ersthelfer:innen per Smartphone alarmiert, die sich zu diesem Zeitpunkt in unmittelbarer Nähe befinden. Diese professionellen Einsatzkräfte können in den ersten 3-5 Minuten die Patient:innen mit Herzdruckmassage, Beatmung oder Defibrillation am Leben erhalten, bis der/die Notarzt/Notärztin und Rettungswagen eintreffen. 

Eine aktuelle Evaluierung zeigt, dass die durchschnittliche Reaktionszeit fast um die Hälfte reduziert werden konnte. Diese Kombination mit innovativer und hochmoderner Smartphone-Technologie ist die perfekte Ergänzung zu bestehenden Notrufsystemen und wird stetig weiterentwickelt. Im Rahmen des vom Bundesverkehrsministerium geförderten Projekts „Rettungskette5G“ wird das System 2022 zum modernsten Ersthelfer:innen-System neu entwickelt. Der Erfolg basiert auf dem ehrenamtlichen Engagement von medizinisch geschultem Personal. Dieser Ansatz hat sich bewährt und Region der Lebensretter, 2023 mit dem Deutschen Preis für Notfallmedizin ausgezeichnet, ist derzeit das am schnellsten wachsende System weltweit.

© APOPO / HeroRats

HeroRats – Ratten im Einsatz gegen Landminen

Das neue Aufgabengebiet der von Bart Weetjens in Belgien gegründeten Organsiation Apopo ist die Katastrophenhilfe nach einem Erdbeben: das Aufspüren von Verschütteten als Ergänzung zu den weltweit bewährten Spürhunden. Dabei profitieren die Helferteams von der kleinen Größe der Ratten und ihrer Wendigkeit, denn nur sie können Hohlräume in den Ruinen schnell und unkompliziert durch winzige Öffnungen betreten und ihr untrüglicher Spürsinn lotst sie aus jedem Labyrinth wieder heraus. Mittlerweile werden die Ratten mit einem Rucksack ausgestattet, der Equipment beinhaltet, mit dem aufgefundene lebende Personen Kontakt mit den Helferteams außerhalb aufnehmen können. 

Begonnen hat alles mit einem Schlüsselerlebnis: Als Jugendlicher fiel Weetjens der unglaublich feine Spürsinn seiner Hausratten auf und er bemerkte, wie gut man sie trainieren kann. Die Erfolgsstory von Apopo begann mit der Ausbildung afrikanischer Riesenratten, um Landminen schnell und zuverlässig aufzuspüren. Sie sind zu leicht, um Minen auszulösen, und arbeiten um ein Vielfaches schneller als andere Verfahren. So konnte die hohe Zahl an Opfern in Kambodscha, dem Land mit den meisten Landminen weltweit, erheblich reduziert werden. Inzwischen werden die gelehrigen Ratten auch erfolgreich in medizinischen Laboren eingesetzt, um frühzeitig Tuberkulose zu diagnostizieren. TBC ist weltweit die zweithäufigste Todesursache nach Covid: Die Ratten können die Erreger schneller erkennen und sind kostengünstiger als herkömmliche technologische Verfahren. Da TBC sehr leicht übertragbar ist, werden auf diese Weise täglich Leben gerettet.

© Between the Lines

Between The Lines – Hilfe für Jugendliche in Krisen per App 

Jugendliche haben viele Sorgen – von Streit mit Freunden über Liebeskummer, Stress mit der Familie, Mobbing in der Schule bis hin zu Suizidgedanken oder Drogenproblemen – es ist (leider) alles dabei. Und die psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen haben während der Corona-Pandemie alarmierend zugenommen. Das Problem: Nicht immer haben die Betroffenen eine:n Ansprechpartner:in, mit dem/der sie darüber reden können. Noch seltener wissen sie, wo sie Hilfe bekommen können. Die Hürde, zum Telefon zu greifen und die Telefonseelsorge anzurufen, ist hoch. 

Die von Nick Wüsthoff und Oliver Kröger zunächst als ehrenamtliches Projekt gestartete, preisgekrönte App Between the Lines setzt genau hier an. Es ist eine digitale Form der Jugendhilfe – kostenlos, werbefrei und vor allem anonym. Sie punktet insbesondere durch ihr niedrigschwelliges Angebot, das alle Smartphone-Generationen erreicht. Die App identifiziert relevante Organisationen und Hilfsangebote in der direkten Umgebung der Nutzer:innen. Between the Lines bietet umfassende Informationen und Orientierung zu 31 Themenbereichen. Abgerundet wird das Angebot durch sogenannte Held:innen-Geschichten, die zeigen, dass alle ok sind  – so wie sie sind. Dadurch ist die App auch dann ein starkes Angebot, wenn keine akute Notsituation vorliegt oder die Sorgen noch zu diffus sind, um sich gezielt an eine bestehende Organisation zu wenden. Aktuell ist die App für mehrere Städte und Gemeinden, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, konfiguriert und wird sukzessive regional erweitert.

MEHR ZUM PROJEKT

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Andreas Renner, Co-Founder GOOD: andreas@good-search.org