„Verbindlichkeit wird in Sri Lanka ganz anders definiert“ – INTERVIEW
Thomas Betzold hat auf Sri Lanka ein Start-up gegründet, das aus der invasiven Wasserhyazinthe Biokohle herstellt. So wird eine Schadpflanze in einen Bodenverbesserer umgewandelt, der CO2 kompensiert.
Nicht alles, was schön aussieht, ist auch gut für die Umwelt. So ein Fall ist die invasive Wasserhyazinthe, die weltweit aufgrund ihres explosiven Wachstums und mangels natürlicher Feinde die Lebensgrundlage vieler Menschen gefährdet. Dieses Problem will Thomas Betzold mit seinem Startup Fuscum Soil Enhancer auf Sri Lanka lösen. Unter dem Dach des gemeinnützigen Vereins Char2Cool, der die Idee entwickelt hat, wird die Wasserpflanze herausgefischt, getrocknet und zu einer Pflanzenkohle (Biochar) verarbeitet. Was viele nicht wissen: Die Wasserhyazinthe gibt, wenn sie abstirbt, große Mengen an Methan ab, das 86-fach klimaschädlicher ist als CO2. Neben dem immensen Beitrag zum Klimaschutz wird auf diese Weise auch für Arbeitsplätze und Ernährungssicherheit in armen Regionen gesorgt – eine klassische Win-Win-Situation.
Welches Problem löst ihr mit Char2Cool? Warum braucht es dafür genau eure Lösung?
Wir stellen aus einer schädlichen, invasiven Pflanze einen Bodenverbesserer her. Nebenbei binden wir damit CO2 – auf Jahrhunderte.
Was hast du gemacht, bevor du das aktuelle Projekt/Unternehmen gestartet hast?
Gestartet bin ich als Notfallsanitäter und habe anschließend einen Schlenker in die Geschäftsführung eines Eventdienstleisters unternommen. Beides war prägend für meine Arbeitsweise und Ethik. Mit dem Studium habe ich in mein jetziges Themenfeld gefunden.
Was oder wer hat dich dazu bewegt, Sozialunternehmer:in zu werden?
Ich habe zu meiner Geschäftsidee geforscht und brannte für das Konzept. Letztlich war es aber meine Freundin, die mir den Anstoß gab, auch an die Umsetzung zu gehen. Walter Danner von Char2Cool hat dann wichtige Impulse gegeben, wie ich das Projekt als soziales Unternehmen aufbauen kann.
Welche eurer Erfolge sind dir besonders in Erinnerung geblieben?
Da gibt es zwei. Das eine ist die Fertigstellung unseres Produktionsstandortes, denn damit wurde die Idee wirklich greifbar. Das andere war die Verhandlung mit einer Kooperative für ökologische Landwirtschaft, die nun unser Produkt testet. Es war großartig zu sehen, dass beide Seiten einen ähnlichen ethischen Anspruch haben, auf den wir nun gemeinsam hinarbeiten.
Gab es Momente, die besonders herausfordernd waren und was habt ihr daraus gelernt?
Verbindlichkeit wird in Sri Lanka ganz anders definiert als in Deutschland. Dafür haben wir mittlerweile einen Umgang gefunden: Persistenz und Gelassenheit.
© Tommy Betzold
„Die Welt braucht gerechte Steuern. Es darf sich niemand aus der Verantwortung stehlen.“
— Thomas Betzold, Mitgründer von Char2Cool
Wo soll die Reise in Zukunft hingehen und was sind die nächsten großen Ziele?
Wir wollen uns schnellstmöglich wirtschaftlich selber tragen. Ein zweiter Standort ist auch schon im Gespräch. Vor allem wollen wir aber als Blaupause dienen, wie die problematischen Wasserhyazinthe als wertvolle Ressource genutzt werden kann. Denn das Problem ist in den gesamten Tropen präsent.
Welchen Podcast hörst du regelmäßig? Welches Buch ist für dich persönlich ein absolutes Must-read?
Klingt ein bisschen angestaubt, aber ich versinke unheimlich gern in der Weltzeit und den Features des Deutschlandfunks. “Factfulness” (Hans Rosling) und ”Im Grunde gut” (Rutger Bregman) sind Bücher, die mir viel bedeuten, beide geben einen realistischen, positiven Blick auf die Welt und fordern gleichzeitig zum Handeln des Individuums auf.
Was sind deine Tipps für den Alltag, um Gutes zu tun? Und wo fällt es dir vielleicht eher schwer, nachhaltig zu leben?
Da will ich niemanden belehren, aber weniger Fleischkonsum hätte auf vielen Ebenen einen positiven Effekt auf die Welt. Mein größtes Manko ist sicher meine Reiselust. Die will ich mir auch nicht versagen, aber bewusster leben.
Ergänze diesen Satz: Die Welt braucht mehr …
… gerechte Steuern. Es darf sich niemand aus der Verantwortung stehlen.
Gibt es etwas, was du unbedingt noch sagen willst?
Am treffendsten hatte Kästner es schon formuliert: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Er hat so recht! 🙂
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Andrea Rebensburg, GOOD Impact Portfolio: andrea@good-search.org
Wir unterstützten Char2Cool im August 2023 mit den Einnahmen von GOOD. Mehr hierzu erfahrt ihr auf unserer Projektseite: