Fünf wegweisende Initiativen, die Korallen wiederbeleben

© WeTheReef | Killian Domingo for Coral Gardeners

Korallen leiden seit Jahren unter Klimaveränderungen. Insbesondere der Anstieg der Wassertemperatur kann zum Korallensterben führen und statt blühender Riffe bleiben nur triste Meeresböden. Weltweit setzen sich daher immer mehr Menschen dafür ein, bereits geschädigte Riffe wiederherzustellen.

Korallen leben in einer Symbiose mit Algen, die den Riffs normalerweise ihre intensiven Farben verleihen. Erhöht sich aber die Wassertemperatur, kann es zu einer sogenannten Korallenbleiche kommen, die zum späteren Absterben der Korallen führen kann. Korallen leiden seit Jahren unter Klimaveränderungen, Stress macht ihnen vor allem der starke Anstieg der Wassertemperatur. Aber auch Hurrikane, Pestizide, Düngemittel und andere Schadstoffe, Überfischung oder Fischerei mit Dynamit beschädigen Riffe. Gesucht wird im Grunde nach der Superkoralle, die besonders hitze- und stressresistent ist. Seit Jahren wird weltweit versucht, geschädigte Riffe wiederherzustellen. Korallen sind Tiere und können sich auf zwei Arten vermehren: Geschlechtlich, indem sie Eier und Spermien ins Wasser abgeben, aus denen neue Babykorallen entstehen. Oder ungeschlechtlich aus abgebrochenen Stücken, die an einer geeigneten Stelle im Riff landen und wieder zu großen Stöcken heranwachsen. 

Das von GOOD geförderte Projekt Coral Gardeners hat es geschafft, fast 40.000 ehemaligen Korallenbruchteilen vom Riff in Moorea neues Leben einzuhauchen (Hier geht’s zum Artikel). 2025 sollen es eine Million Korallen sein. Doch sie sind nicht allein, immer mehr Organisationen und Unternehmen setzen sich weltweit für den Erhalt und die Wiederherstellung von Korallenriffen ein. Da es das internationale Artenschutzabkommen CITES  verbietet, Korallen über Ländergrenzen hinweg zu exportieren,  müssen die Nesseltiere vor Ort gezüchtet werden – an Land, in Labors oder unter Wasser. Das führt weltweit zu unterschiedlichen Herangehensweisen, da auch die Bedingungen vor Ort divers sind. Ausschlaggebend für erfolgversprechende Ansätze sind häufig auch eine wissenschaftliche Begleitung und sorgfältige Planung. Und alle treibt weltweit dasselbe Ziel: Das Ökosystem Meer zu schützen und Korallenriffe zu retten.

 

Coral Vita – Monaco Smart & Sustainable Marina

Coral Vita – Erfolgreiche Korallenfarmen an Land

Bisher wurde die Restauration von Korallen – also der Prozess, bei dem gesunde Korallen in von Korallenbleiche zerstörte Riffe im Meer eingebracht werden – nur in geringem Umfang durchgeführt. Gemeinsam haben die US-Amerikaner Sam Teicher und  Gator Halpern mit ihrem sozialen Start-up Coral Vita die erste kommerzielle Korallenfarm an Land auf den Bahamas gegründet. Beim Besuch seines ersten Korallen-Restaurationsprojekts faszinierte ihn, wie Korallenriffe sich wieder erholen können. Die dort tätige NGO setzte allerdings auf traditionelle Korallenzucht: In einer Unterwasserstation konnten Korallenfragmente im Meer wachsen. Dass solche Modelle von Tauchern betreut werden müssen, fand Teicher zu aufwändig. Daher setzt Coral Vita mit seinem Team an Wissenschaftler:innen seit Mai 2019 auf eigene Korallenfarmen an Land. Das Ziel ist, vielfältige und widerstandsfähige Korallen in großem Maßstab zu züchten, denn nur so können die Gesundheit der Riffe und die wertvollen Vorteile, die sie bieten, erhalten werden. Die Korallengärtner brechen Fragmente von lebenden Korallen aus der Gegend ab und kleben die Stücke an Land auf Kacheln in Wasserbecken, durch die sauberes Meerwasser gepumpt wird. Dort wachsen die Korallen schnell und ungestört weiter. „Man nimmt ein Fragment von der Größe eines Daumens, und in sechs bis neun Monaten hat man eine Koralle, die so groß ist wie eine Hand“, erklärt Teicher. Mit der sogenannten Mikrofragmentierungsmethode ist es gelungen, Korallen bis zu 50 Mal schneller zu vermehren als in der Natur. Zusätzlich werden sie “unter Stress gesetzt”, damit sie widerstandsfähiger gegen die Korallenbleiche und schädliche Umwelteinflüsse werden. Später werden sie dann in geschädigte Riffe im Meer ausgepflanzt. Coral Vita will die Korallenzucht skalieren – mit einem möglichst nachhaltigen Geschäftsmodell: Das soziale Start-up bietet die Riff-Restauration als Dienstleistung an, vermarktet die Korallenfarmen aber auch als Touristenattraktion und organisiert Workshops.

© Coral Vita

FOH logo dot org | Fragments of Hope

Fragments of Hope: Mehr Korallen = mehr Fisch

Mit der simplen Gleichung “more corals = more fish” hat alles angefangen. Nach dem Hurrikan Iris, der die Lebensgrundlage vieler Menschen in Belize zerstörte, konnten die Bewohner:innen auf der Halbinsel Placencia davon überzeugt werden, wie wichtig das Riff für ihr Leben ist. Meeresbiologin Lisa Carne hat mit Fragments of Hope das erste Unternehmen im Land gegründet, das die Mikrofragmentierung, eine revolutionäre Technik zur Aufzucht von Superkorallen, anwendet. Solche Korallen sind stärker und widerstandsfähiger als andere, da sie sich besser an die Klimaveränderungen angepasst haben und besonders hitze- und stressresistent sind. Für den erfolgreichen Start in Belize war ausschlaggebend, dass die Akroporidenkoralle, eine karibische Korallenart, in den USA auf die Liste der gefährdeten Arten gesetzt wurde. Ab dem Moment war der Weg frei, mit den Korallenbaumschulen etwas zu bewirken. Die Wiederherstellung der Korallen wird von geschulten Fischern und Reiseleitern durchgeführt, und es wird eng mit den Aufsichtsbehörden zusammengearbeitet. Mit äußerster Vorsicht, nach langer Recherche und Auswahl, werden wenige Bruchstücke einzelner Korallen entnommen, die besonders widerstandsfähig sind und schnell wachsen. Zunächst wird die Koralle in fünf Zentimeter große Stücke zersägt. Dann werden diese halbiert – die „Fragments of Hope“. Diese kleinen Korallenstücke pflanzen sie überall dort an, wo andere gestorben sind. In acht Jahren sind die Korallen von weniger als sechs Prozent auf bereits über 50 Prozent angewachsen. Die Mühe lohnt sich, die Vielfalt kehrt zurück.

SeCoRe Foundation logo

SECORE International, Inc. – Eine Zukunft für Korallenriffe

Die 2012 gegründete gemeinnützige Organisation Secore International umfasst ein globales Netzwerk aus Wissenschaftler:innen, Mitarbeiter:innen von Zoos und Aquarien und lokalen Interessenvertreter:innen. Ihr Direktor, Dirk Peterson, ist auf Grund seiner Forschungsarbeiten zur Vermehrung von Korallen am Zoo Rotterdam Spezialist für die Riffrestauration, die aktuell in Guam, Mexiko und Curacao durchgeführt wird. Korallen werden in Aquarien und Forschungseinrichtungen gezüchtet und in Korallenriffen angesiedelt. Diese Arbeit erfordert entsprechende Infrastruktur und Logistik, die Secore auf Grund seiner Partner:innen leisten kann. Gemeinsam mit der Global Coral Reef Alliance, einer weltweiten Organisation zur Rettung von Korallenriffen, wurde das BioRock-Projekt in Curaçao ins Leben gerufen. Hierfür wurden große Metallgitterkonstruktionen im flachen, sandigen Bereich des Riffs verankert. Expert:innen sammelten anschließend Korallenstücke, die auf natürliche Weise abgebrochen waren, und befestigten diese am Gerüst. Die Metallgitter stehen leicht unter Strom, um im Wasser eine Elektrolyse in Gang zu setzen. Dadurch lagern sich die Mineralien aus dem Meerwasser als Kalziumkarbonat auf dem Metall ab. Auf diesem Untergrund haben Korallen optimale Wachstumsbedingungen. In den vergangenen 30 Jahren sind bis zu 98 Prozent der Elchgeweihkorallen abgestorben. Sie sind ein zentraler Organismus vieler Riffe in der Karibik und bieten anderen Tieren Schutz vor der Brandung des Meeres. Nun haben sich Elchgeweihkorallen aus einer Laborzucht offenbar soweit etabliert, dass sie sich aus eigener Kraft vermehren. „Das lässt uns hoffen, dass es tatsächlich gelingen kann, geschädigte Korallenriffe zu restaurieren“, so Petersen.

© SECORE International, Inc.

Coral Restoration Foundation™ (CRF): Coral Trees im freien Ozean

Die Coral Restoration Foundation™ (CRF) ist die weltweit größte gemeinnützige Meeresschutzorganisation, die sich für die Wiederherstellung gesunder Korallenriffe einsetzt. Das Florida-Riff ist nach dem Great Barrier Reef in Australien und dem Belize Barrier Reef das drittgrößte Korallenriffsystem der Welt. Der Amerikaner Ken Nedimyer wollte dem Verfall des marinen Gartens Eden nicht tatenlos zusehen. Als professioneller Aquarienfischfänger und Live Rock Farmer, der auf Steinen vor den Florida Keys Meeresorganismen züchtet, hat er die Umweltveränderungen unmittelbar miterlebt. Als Riffretter der ersten Stunde brachten seine ersten Rettungsversuche jedoch nicht den erhofften Erfolg und er suchte jahrelang nach der geeigneten Form für seine Korallen-Kindergärten. Bis Nedimyer seine Coral Trees erfand –  meterlange baumartige Gerüste aus Kunststoff. An diese werden fingergroße Fragmente von Elchgeweih- und Hirschgeweihkorallen gebunden, das Gestell mit einem Seil auf dem Meeresboden fixiert und mit einer Boje an der Wasseroberfläche gehalten. Für ihn allein war das auf Dauer nicht zu schaffen, also gründete Nedimyer die Organisation CRF. Inzwischen betreibt die Organisation sieben Baumschulen mit mehr als 500 Coral Trees vor der Küste Floridas – und Freiwillige forsten das Unterwasserparadies wieder auf. Neben der Aufforstung liegt ihr Fokus auf Aufklärung und Wissensaustausch. Da die Herausforderungen an anderen Riffen sehr ähnlich sind, könnten andere Teams aus ihren Fehlern lernen und schneller beim Erhalt der Riffe vorankommen.

Coral Reef at St. Lucie Inlet Preserve | Florida State Parks

Nature Seychelles: Baumschulen unter Wasser 

Die Umweltorganisation Nature Seychelles arbeitet bei der Wiederaufforstung mit sogenannten Superkorallen. Diese Korallen sind stark und widerstandsfähig, denn sie haben in den vergangenen Jahren überlebt, während andere abgestorben sind. So soll sich das Riff erholen und kommende Katastrophen besser überstehen. Hierfür werden Pflöcke in den Meeresboden gerammt und dazwischen Seile gespannt. An den langen Schnüren werden Bruchstücke von Korallen befestigt, pro Seil etwa 100 mal. So entsteht die Aufzuchtstation – eine Korallen-Baumschule – unter Wasser, die regelmäßig von Tauchern gereinigt werden muss. Vor einigen Seychellen-Inseln hat sich die Unterwasserwelt erholt, so dass bedrohte Fischarten wieder einen Lebensraum haben.

Freiwillige vor: Korallenschutz im Urlaub

Korallenriffschutzprojekte sind eine perfekte Möglichkeit für Meerliebhaber:innen und leidenschaftliche Taucher:innen, im Urlaub beim Schutz der Korallenriffe zu helfen!
Via Volunteer World kann man sich freiwillig engagieren.

MEHR ZUM PROJEKT

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Coral Gardeners

Wir unterstützen Coral Gardeners im März 2023 mit den Einnahmen von GOOD. Mehr hierzu erfahrt ihr auf unserer Projektseite:

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Andreas Renner, Co-Founder GOOD: andreas@good-search.org