Nachhaltige Initiativen, die das Leben von Wohnungslosen verbessern

©OrangeSky

Der mobile Wäscheservice für Obdachlose, Orange Sky aus Australien, hat viele Initiativen inspiriert. Stets geht es darum, Wohnungslosen auf Augenhöhe zu begegnen und ihre Anliegen ernst zu nehmen.

Orange Sky – Die Pioniere | Australien

Orange Sky ist der weltweit erste kostenlose mobile Wäscheservice für Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind. Das Besondere: Die ehrenamtlichen Helfer sind keine Sozialarbeiter oder Experten – sie sind einfühlsame Zuhörer und gute Gesprächspartner. Dieser Ort, an dem man sich für ein Gespräch hinsetzen kann, ist das eigentliche Herzstück von OrangeSky. Dieser Raum für ungezwungene, vorurteilsfreie Gespräche spricht die Zielgruppe an und bringt sie in den unterschiedlichsten Stadtvierteln dazu, das Angebot gerne und regelmäßig zu nutzen.

Begegnungen auf Augenhöhe

Am Anfang stand die verrückte Idee, zwei Waschmaschinen in einen alten Lieferwagen zu packen und einen kostenlosen Wäscheservice für Obdachlose anzubieten. Die beiden 20-jährigen Freunden, Nic Marchesi und Lucas Patchett, wollten die Hygienestandards für Wohnungslose in den Parks von Brisbane verbessern und den Menschen ihre Würde zurückgeben. Mit sauberer Kleidung fühlen wir uns alle besser – aus dieser einfachen Tatsache wurde 2014 in der Garage eine Weltneuheit geboren: Orange Sky. Doch die ursprüngliche Idee hat sich zu etwas viel Größerem entwickelt. Denn der tatsächliche Impact entsteht auf den orangefarbenen Stühlen, die – als Markenzeichen – stets neben dem Bus aufgestellt werden: die Bedeutung aufrichtiger, vorurteilsfreier Gespräche.

Mittlerweile bieten die Hybridfahrzeuge auch Duschmöglichkeiten an. Außerdem hat Orange Sky speziell angefertigte Fahrzeuge mit zwei Waschmaschinen und drei Trocknern in einen ehemaligen Verteidigungslastwagen eingebaut, um einheimische Gemeinden in ländlichen Gegenden zu versorgen. Der Zugang zu Wasch- und Duschmöglichkeiten ist zwar wichtig, es sind aber die Gespräche und die regelmäßigen Kontakte, die die größte Wirkung in der Gemeinschaft erzielen, so die schnelle Erkenntnis der jungen Gründer. Jede Woche helfen Freiwillige in ganz Australien dabei, die “Freunde”, die es schwer haben, positiv zu beeinflussen, indem sie ihnen Zugang zu kostenloser Wäsche, warmen Duschen und ehrlichen, vorurteilsfreien Gesprächen bieten. Stets wird mit Dienstleistern wie Lebensmittelwagen oder Anlaufstellen zusammengearbeitet, um sicher zu stellen, dass man sich an Orten niederlässt, an denen sich die Zielgruppe wohl fühlt. Der Schwerpunkt liegt auf der Schaffung eines sicheren, positiven und unterstützenden Umfelds für Menschen, die zu oft ignoriert werden oder sich von der Gemeinschaft ausgeschlossen fühlen. Die Mission von Orange Sky ist es, Communities positiv zu verbinden. In Australien ist 1 von 200 Menschen von Wohnungslosigkeit betroffen. Die meisten von uns wissen nicht, wie es ist, eine Nacht auf der Straße zu verbringen, aber fast jeder von uns kann nachvollziehen, wie es ist, einmal in Geldnot zu sein. Wer obdachlos ist und nur wenige Habseligkeiten besitzt und dessen Geld gerade dazu reicht, um das tägliche Überleben zu sichern, hat andere Sorgen als saubere Kleidung. Wer würde in dieser Situation tatsächlich Geld für das Waschen und Trocknen der Kleidung ausgeben? Niemand. Und genau da setzt das Konzept erfolgreich an.

 

© OrangeSky

 

Orange Sky betreibt inzwischen über 33 Wäscherei- und Duschdienste in ganz Australien und Neuseeland, die mit Hilfe von fast 2.000 Freiwilligen jede Woche über 260 Schichten in allen Bundesstaaten und Territorien leisten. Seit 2014 hat Orange Sky Menschen auf der Straße mit mehr als 1.900.000 kg kostenloser Wäsche, über 17.500 warmen Duschen und fast 300.000 Stunden ungezwungener Gespräche versorgt. Orange Sky unterstützt auch an anderer Stelle. Nach den großen Überschwemmungen an Australiens Ostküste im Frühjahr 2022 haben die mobilen Teams von Orange Sky ihre Routen rasch angepasst und Hilfe in den Flutregionen geleistet. Orange Sky hat darüber hinaus 1 Million Dollar von der Google Impact Challenge in die Verbesserung der Softwaretechnologie investiert, um den gesamten Sektor mit über 3.000 Dienstleistern zu integrieren. Wenn sie die Technologie skalieren, kann sie einen großen Unterschied für mobile Beratungsdienste machen.

 

Initiativen aus Deutschland

Auch in Deutschland gibt es bereits Initiativen, die sozial benachteiligten Menschen ohne festen Wohnsitz Hilfe leisten. So sind Kältebusse mittlerweile flächendeckend in vielen deutschen Städten unterwegs. Auch gibt es bereits erste Initiativen, die die Idee von Orange Sky aufgreifen und das Vorreitermodell aus Australien in ähnlicher Form in Deutschland umsetzen. Dabei steht meist die Sauberkeit von Mensch und Kleidung im Vordergrund, was für das Leben auf der Straße von zentraler Bedeutung ist und sprichwörtlich Türen öffnen kann. Die zwischenmenschlichen Begegnungen und persönlichen Gespräche spielen dabei eine wichtige Rolle, stehen aber nicht so zentral im Mittelpunkt wie beim etablierten Modell aus Down Under. Darüber hinaus gibt es Angebote, auch von sozialen Trägern, die zu den Menschen hinkommen, sie also dort abholen, wo sie leben, da Hilfe sonst häufig schwierig oder gar nicht in Anspruch genommen wird.

 

GoBanyo – Der Duschbus | Hamburg

Menschen auf der Straße haben ein Hygienebedürfnis wie alle anderen auch. Öffentliche Duschen sind rar, kosten Geld und sind oft nicht einfach zu erreichen.Der Bestseller-Autor Dominik Bloh war jahrelang selbst obdachlos und kennt die Nöte und Sorgen von Menschen ohne festen Wohnsitz. GoBanyo startete als soziales StartUp und wurde nach einem erfolgreichen Crowdfunding mit Partnern aus der Wirtschaft als gemeinnützige GmbH gegründet. Ende 2019 konnte ein umgebauter Bus als mobile Lösung für dieses Problem in Hamburg starten. Der GoBanyo Duschbus macht regelmäßig Station an verschiedenen Orten, um für möglichst viele Menschen erreichbar zu sein. Die Nutzung ist kostenlos, die Gäste bekommen saubere Wäsche und Pflegeprodukte – in Privatsphäre. Das Ziel ist, Obdachlose zum nächsten Schritt zu begleiten. Denn wer sich schmutzig fühlt, vermeidet den Kontakt zu anderen Menschen. GoBanyo hat sich nicht nur zu einem Projekt für würdevolles Waschen und die damit einhergehende Gesundheitspflege entwickelt, sondern zu einem Knotenpunkt für soziale Kontakte und einer Anlaufstelle, an der man sich für Amtsgänge, Wohnungsbesichtigungen oder Arztbesuche vorbereiten kann. Denn oft werden diese aus Scham von obdachlosen Menschen nicht wahrgenommen. Nach jeder Benutzung werden die Badezimmer von ehrenamtlichen Helfern gereinigt.

Mowabu – Mobiler Waschbus | Duisburg

Mowabu steht für den ersten mobilen Waschbus für wohnungslose und sozial benachteiligte Menschen in Nordrhein-Westfalen. Inspiriert durch einen Bericht über OrangeSky wollte Gründer Malte Petry selber vor Ort helfen, um deren Lebensbedingungen zu verbessern. Für ihn sollte jeder Mensch das Recht haben, sich zu waschen, pflegen und saubere Kleidung zu besitzen. Leider haben nicht alle Menschen die Chance dazu. Mit dem mobilen Waschbus möchten er und seine beiden Partner bedürftigen Menschen die Möglichkeit bieten, ihre Kleidung kostenlos zu waschen – und dabei ein offenes Ohr für ihre Anliegen zu haben oder einfach nur ein kurzes wertschätzendes Gespräch zu führen. Der Bus ist ausgestattet mit einer Waschmaschine, einem Trockner und mit Kleiderspenden. Angefahren werden Orte, wo er gebraucht wird und wo es nötig ist, dass Menschen ihre Kleidung, ihr Hab und Gut waschen, trocknen und austauschen können. Gestartet in Duisburg, soll der Bus in Zukunft in vielen Städten unterwegs sein. Auch das Angebot soll je nach Saison um z.B. eine warme Suppe erweitert werden.

© Go Banyo / www.juliaschwendner.com

Das Caritas-Arztmobil – die rollende Praxis | Berlin

Das Leben auf der Straße macht krank. Doch viele Wohnungslose gehen aus Scham nicht in eine Arztpraxis. Krankheiten werden so unnötig verschleppt. Unser Gesundheitssystem ist auf diese Menschen nicht ausgerichtet. Es fehlen niedrigschwellige Angebote für Menschen, die auf der Straße leben. In Berlin fährt das Arztmobil zu ihnen. Wo immer das Arztmobil steht, bildet sich schnell eine lange Schlange. Für mehr als 7000 Wohnungslose in Berlin und Umgebung sind die Sprechstunden an der Straße die einzige Möglichkeit auf ärztliche Hilfe. Das Team bietet medizinische Grundversorgung und Beratung. Auf diese Art und Weise können Fragen besprochen und Krankheiten frühzeitig erkannt werden. Pro Jahr werden knapp 1800 Behandlungen durchgeführt.

My Molo – Im Sommer Festival-Hotel, im Winter Notunterkunft

Das Start-up My Molo bietet mobile Popup-Hotels für Festivals an. Solche Lodges richten sich an Festivalbesucher mit Komfortbedarf. Da diese Unterkünfte im Winter selten benötigt werden, engagieren sich die Gründer seit 2016 in der Berliner Kältehilfe. Ihr Herzensprojekt ist es, Obdachlosen eine Schlafmöglichkeit für den Winter anzubieten, deren Situation sich in der Corona-Krise noch verschärft hat. My Molo stellt die Lodges für einen geringen, symbolischen Mietpreis bereit. So können Obdachlose – spendenfinanziert – nicht nur ein Dach über dem Kopf erhalten, sondern vor allem Sicherheit, ein Heimatgefühl und eine würdevolle Übernachtungsmöglichkeit mit Privatsphäre. Denn ein strukturierter Alltag kann ein erster Schritt weg von der Straße sein.

© My Molo

Übrigens, bei allen Beispielen gilt: Nach- und mitmachen erwünscht!

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Dr. Andreas Renner, Co-Founder GOOD: andreas@good-search.org