Im Einsatz gegen invasive Arten
Invasive Arten schaden häufig der heimischen Flora und Fauna. Im Fall der schönen Wasserhyazinthe spricht man von einer Katastrophe. Einige Initiativen entwickeln innovative Ideen, um ihre massive Ausbreitung einzudämmen.
Mit der Globalisierung etablieren sich viele Tier- und Pflanzenarten dauerhaft in neuen Lebensräumen. Einige dieser gebietsfremden, invasiven Arten können massive ökologische und wirtschaftliche Schäden verursachen. So können sie die einheimische Flora und Fauna stark verändern und negative Auswirkungen auf die Umwelt, die Wirtschaft und die menschliche Gesundheit haben. Diese Neuzugänge verdrängen oft die einheimischen Arten, stören die Ökosysteme und verursachen ökologische und hohe wirtschaftliche Schäden. Das Problem: Haben sie sich erst einmal verbreitet, ist es meist zu spät, um einzugreifen. Nur präventive oder sofortige Maßnahmen in einem sehr frühen Stadium können helfen, invasive Arten in Schach zu halten.
Neuzugänge im Ökosystem
In der Regel werden sie – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – durch menschliche Hilfe in neue Gebiete, in denen sie natürlicherweise nicht vorkommen, eingeschleppt, z. B. durch internationalen Handel, den globalen Reiseverkehr oder die Einführung von Nutzpflanzen zu landwirtschaftlichen Zwecken. Manche sind auch auf der Flucht vor lebensfeindlichen Umweltbedingungen, verstärkt durch den Klimawandel, oder können sich wie Mikroorganismen auch auf natürliche Weise ausbreiten, z. B. durch Wind, Wasserströmungen oder den Transport von Tieren. Dazu zählen der Online-Handel mit exotischen Tieren oder Plastikmüll, auf dem Arten ganze Ozeane überqueren können. Allerdings sind nicht alle neu eingewanderten Pflanzen oder Tiere generell problematisch. Tatsächlich könnten sie auch zu wichtigen Ersatzpflanzen für heimische Arten werden, welche durch Klimakrise, Schädlinge und Pflanzenkrankheiten zunehmend aus unseren Ökosystemen verschwinden.
Die Wasserhyazinthe – Innovative Ansätze, um den Schaden der schnell wachsenden Sumpfpflanze zu begrenzen
Tigermücke, Zebramuschel, Bisamratten, Roter Amerikanische Sumpfkrebs, der asiatische Karpfen, Riesenbärenklau, Staudenknöterich, die Liste ist lang – sie alle vermehren sich schnell, da es ihnen im neuen Lebensraum an natürlichen Fressfeinden mangelt. Dies gilt auch für die in der Amazonasregion beheimatete Wasserhyazinthe, die als Zierpflanze weltweit sehr beliebt ist. Das Problem: In Ermangelung natürlicher Feinde wächst sie schneller als Bambus und bedeckt somit in kurzer Zeit große Flächen. Ihre massive Ausbreitung in Ostafrika hatte große negative Auswirkungen auf den Fischfang im Viktoriasee und die lokale Wasserversorgung, mittlerweile belastet sie Seen, Kanäle und Anrainer in sämtlichen tropischen Regionen.
Wir unterstützen derzeit Char2Cool – Unkraut wird zum Klimaretter
Selbst Experten konnten sich nicht vorstellen, aus einer Pflanze, die zu 90 Prozent aus Wasser besteht, Kohle zu machen. Der Verein Char2Cool hat 2019 erfolgreich ein Verfahren entwickelt, um aus der invasiven Wasserhyazinthe Biokohle herzustellen. Der Name sagt alles: Man produziert Kohle (Char), um das Klima zu kühlen (2 cool). Mit dem Unternehmenskonzept können lokale Partner mit geringem Startkapital eine eigene Produktion aufbauen. Die Verkohlung in dem von Char2Cool entworfenen Ofen ist sehr einfach zu erlernen und der Zugang zu den Wasserhyazinthen steht allen offen. so dass man mit dem Verkauf der Kohle eine stabile Einnahmequelle schaffen kann. Die Bauern wiederum profitieren von fruchtbaren Böden, die größere Erträge liefern. Auch Sri Lanka kennt das Problem. Hier hat Thomas Betzold sein Start-up Fuscum Soil Enhancer gegründet. Die Wasserbehörde Sri Lankas investierte 2019 über 50% des Jahresbudgets in die Entfernung der Wasserhyazinthe.
Wasserhyazinthen ernten, trocknen und verkohlen: Die Idee ist es, eine Schadpflanze in einen Bodenverbesser umzuwandeln, der die herkömmlichen Düngemittel in ihrer Effizienz übertrifft. Neben der CO2-Einsparung wird auch Methan gebunden, das 86x schädlicher ist als CO2, und im Jahreszyklus jeder Wasserhyazinthe freigesetzt wird.
Char2Cool wird im August 2023 von GOOD unterstützt – mit euren Suchanfragen könnt ihr also aktiv Geld für dieses Projekt generieren!
Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von lokalen Initiativen, die die Idee der Verarbeitung der Wasserhyazinthe in Biokohle aufgegriffen haben. Die Idee von Char2Cool ist, den Prozess als CO2 Kompensation zertifizieren zu lassen. Dann können sich die Projekte teilweise über den Verkauf von CO2-Zertifikaten finanzieren. Zu den Projekten zählen:
Water Hyacinth Charcoal Project (Kenia) konzentriert sich auf die Verwertung von Wasserhyazinthen durch die Herstellung von Biokohle. Durch die Produktion und den Verkauf bietet das Projekt Einkommensmöglichkeiten für die Gemeinschaften und trägt zur Bekämpfung der Umweltauswirkungen der Wasserhyazinthen bei.
GreenHeat Energy Solutions (Südafrika) nutzt Wasserhyazinthen als erneuerbare Energiequelle. Sie sammeln die Pflanzen und verwenden sie zur Erzeugung von Biokohle als umweltfreundliche Alternative zu traditioneller Holzkohle und Biogas, das zur Stromerzeugung verwendet wird. Dies trägt zur Reduzierung der Wasserverschmutzung durch Wasserhyazinthen bei und schafft gleichzeitig Arbeitsplätze und nachhaltige Energiequellen.
Eco-Fuel Africa (Uganda) ist ein Sozialunternehmen, das Wasserhyazinthen sammelt und sie zu Biokohle verarbeitet. Diese Biokohle dient als saubere und umweltfreundliche Alternative zu traditionellen Holzkohle- und Brennholzquellen. Gleichzeitig schafft das Unternehmen Arbeitsplätze für lokale Gemeinschaften.
Water Hyacinth Biochar Initiative (Philippinen) stellt Biokohle aus Wasserhyazinthen her, indem sie die Pflanzen pyrolysiert, um einen kohlenstoffreichen Brennstoff zu gewinnen. Diese Biokohle kann als Bodenverbesserer, Filtermaterial oder Brennstoff verwendet werden und trägt zur nachhaltigen Nutzung der Wasserhyazinthen bei.
Wasserhyazinthen als Material für nützliche Produkte
Weitere Sozialunternehmen entwickeln innovative Ansätze zur nachhaltigen Verwertung der Wasserhyazinthe und schaffen gleichzeitig soziale und wirtschaftliche Vorteile für lokale Gemeinschaften. Eine Reihe von lokalen Initiativen nutzen die Zellulose der Wasserhyazinthe, um daraus verschiedene Produkte herzustellen. Am weitesten reicht das Cellurose Zero-Waste Projekt der October 6 University aus Ägypten.
Cellurose (Ägypten) Das von Studierenden entwickelte Projekt zielt darauf ab, möglichst alle Teile der Wasserhyazinthe – in Ägypten auch als Nilrose bekannt – so zu verwerten, dass sich ein selbsttragendes Geschäftsmodell daraus entwickeln lässt. Cellulose hat verschiedene Social Startups initiiert, die folgende Produkte vertreiben:
- Proteinreiches Fischfutter aus den Blütenblättern
- Medizinische Handschuhe aus der Zellulose, die aus den Wurzeln und Stängeln gewonnen wird sowie
- den sogenannten “black liquor” Dünger aus den Abfällen der Zelluloseverarbeitung.
Hier geht’s zum Pitch der Studierenden auf dem Enactus Worldcup 2021, auf dem Cellulose als das Gewinnerprojekt hervorging.
ECOWB – Ecologists without borders / The Water Hyacinth Project (TWH) (Kenia) ist ein Sozialunternehmen, das mit Gemeinschaften vor Ort zusammenarbeitet, um Wasserhyazinthen zu sammeln und sie in nützliche Produkte wie Handtaschen, Möbel und Kunsthandwerk umzuwandeln. Durch den Verkauf dieser Produkte schafft TWH Arbeitsplätze und Einkommensmöglichkeiten.
Weitere Projekte mit ähnlichen Ansatz:
Water Hyacinth Handicraft Village (Sri Lanka) arbeitet mit lokalen Gemeinschaften zusammen, um Wasserhyazinthen zu sammeln und daraus handgefertigte Produkte herzustellen. Dieses Projekt bietet den Gemeinschaftsmitgliedern ein Einkommen und fördert gleichzeitig die umweltfreundliche Verwertung der Pflanzen.
Pearl Organic Products (Sri Lanka) ist ein Unternehmen, das Produkte aus natürlichen und nachhaltigen Materialien herstellt, darunter auch Wasserhyazinthen. Sie verwenden die gesammelten Pflanzen, um handgefertigte Taschen, Körbe und andere Produkte herzustellen. Das Unternehmen schafft Arbeitsplätze für lokale Handwerker und fördert die ökologische Nachhaltigkeit.
Water Hyacinth Craft (Philippinen) ist eine Organisation, die mit Frauen aus ländlichen Gemeinden zusammenarbeitet, um aus Wasserhyazinthen handgefertigte Produkte herzustellen. Durch Schulungen und die Bereitstellung von Arbeitsplätzen unterstützt sie die Einkommensgenerierung und den nachhaltigen Lebensunterhalt der Frauen.
Die invasive Art als wertvoller Energieerzeuger
Eine wirtschaftliche und einfach skalierbare Option ist, die Wasserhyazinthe zur Herstellung von Biogas zu nutzen. Hier ist der hohe Feuchtigkeitsgehalt weniger ein Problem als bei der Bioverkohlung. Soweit die Haushalte in der Region über Gaskocher verfügen, ist dies eine attraktive Option, um z.B. Brennholz durch Biogas zu ersetzen. Wie das gehen kann zeigen u.a. Projekte, wie die folgenden:
Lagos Water Hyacinth Project (Nigeria): Dieses Projekt in Nigeria konzentriert sich auf die umweltfreundliche Beseitigung von Wasserhyazinthen aus der Lagos Lagoon. Sie verwenden die geernteten Pflanzen, um Biogas zu produzieren, das zur Energieerzeugung genutzt wird. Das Projekt schafft Arbeitsplätze und fördert gleichzeitig die nachhaltige Entwicklung.
Biogas International (Victoriasee, Kenia) Am Viktoriasee gibt es ein wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt, das aus der Wasserhyazinthe Biogas herstellt, mit dem die angrenzenden Dörfer versorgt werden.
Wasserhyazinthen für sauberes Trinkwasser
Die vielleicht ungewöhnlichste Herangehensweise ist Ecofiltro aus Guatemala. Das Sozialunternehmen konzentriert sich auf die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser. Sie haben ein Wasserfiltersystem entwickelt, das Wasserhyazinthen als Filtermedium verwendet. Durch den Einsatz dieser Filter werden sowohl Wasserhyazinthen entfernt als auch sauberes Trinkwasser zur Verfügung gestellt.
MEHR ZUM PROJEKT
Char2Cool
Wir unterstützen Char2Cool im August 2023 mit den Einnahmen von GOOD. Mehr dazu erfahrt ihr auf unserer Projektseite:
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Andreas Renner, Co-Founder GOOD: andreas@good-search.org