Wie sich Socialbnb für einen Neustart eines nachhaltigen Tourismus stark macht

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Eine Begegnung mit einem kambodschanischen Tuk-Tuk-Fahrer berührte Kölner Studierende so sehr, dass sie “Socialbnb” gründeten: Eine innovative Plattform, die Reisende mit lokalen sozialen und ökologischen Projekten und Sozialunternehmen auf der ganzen Welt zusammenbringt.

Es war auf einer Reise durch Kambodscha im Jahre 2016, als Kölner Studierende auf eine ganz besondere Person trafen, die das Leben aller fortan ganz schön auf den Kopf stellen sollte. Es war die Begegnung mit dem gutherzigen Seng Thy – einem lokalen Tuk-Tuk-Fahrer mit großer Vision, der faire Bildung für alle ermöglichen wollte. Wohl wissend, wie wichtig gute Englischkenntnisse in der heutigen globalisierten Welt sind, wollte er in seinem Dorf Pang Na eine Schule errichten, die den Kindern vor Ort kostenlosen Englischunterricht ermöglicht.

Ein kambodschanischer Tuk-Tuk-Fahrer mit großer Vision

Jedoch konnte die Vision finanziell leider nicht umgesetzt werden. Das Projekt war schlichtweg zu klein, um genügend Aufmerksamkeit für Spenden zu generieren. Doch was Mr. Thy an Geld fehlte, mangelte ihm wiederum nicht an Platz: In seinem Haus waren viele Zimmer ungenutzt und so kam den Studierenden eine Idee, um Mr. Thy bei der Verwirklichung seines Ziels zu helfen. Die ungenutzten Zimmer könnte man als Unterkunft für Reisende umnutzen. Mit den Einnahmen wiederum könnte Mr. Thy dann sein Projekt finanziell vielleicht doch noch umsetzen.

 

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Im peruanischen Qosqo Maki kann man arbeitenden Jugendlichen helfen,
bessere Chancen für ihre Zukunft zu bekommen!


Die Idee war ein voller Erfolg: In nur drei Monaten kamen 20 Reisende nach Pang Na. Mit diesem Geld konnte Mr. Thy einen Englischlehrer bezahlen und sogar in Computer und Bücher investieren, um die Lernerfahrung als solche zu verbessern. Die Studierenden stellten fest, dass Mr. Thy nicht der Einzige sein konnte, der diese Erfahrung macht. Sie behielten Recht: Nach ausgiebiger Recherche fanden sie heraus, dass über 60 Prozent von kleinen, lokalen NGOs dasselbe Problem haben und stark von Spenden abhängig sind, die wiederum aufgrund der Größe der Organisation meist nicht realisiert werden könnten.

Die Plattform Socialbnb vernetzt Reisende mit lokalen Organisationen weltweit

Kurzerhand entwickelten die Kölner Studierenden 2018 die Online-Plattform “Socialbnb”, die Reisende mit genau solchen Organisationen zusammenbringt und starteten eine umfangreiche Testphase. Durch die Einnahmen aus der Übernachtung werden die lokalen Partner:innen vor Ort ein Stück weit unabhängiger von klassischen Spendengeldern und können so ihre Projekte voranbringen und realisieren. Auf der anderen Seite profitieren die Reisenden von einer lokalen und authentischen Reiseerfahrung, die sie nicht so schnell vergessen werden.

 

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In Ecuador kann man die Turismo Comunitario Salasaka besuchen,
um die indigene Kultur der Salasaka zu stärken und die Umwelt zu schützen.

 

«Wir glauben an einen Tourismus, von dem jeder einzelne in unserer Gesellschaft profitieren kann.» Socialbnb

Mittlerweile gibt es auf der Plattform insgesamt 180 Übernachtungsmöglichkeiten in 45 Ländern weltweit zu entdecken. Das junge Sozialunternehmen arbeitet dabei – ganz anders als Airbnb – als Lean Startup, das heißt, sie arbeiten mit extrem geringen Kosten, sodass möglichst viel Gelder an die lokalen Partner:innen fließt. Um die nächste Phase zu finanzieren, sicherte sich das junge Unternehmen zuletzt ein Exist Gründerstipendium. Außerdem gehörte Socialbnb (genau wie GOOD) zu den allerersten Fellows der Impact Factory und das engagierte Team wurde mit dem Enactus National Cup im Jahr 2020 ausgezeichnet.

Und dann kam Corona…

Apropos 2020: Dieses Jahr stellte das junge Sozialunternehmen neben all den Erfolgen gleichzeitig vor eine ganz neue und eine bisher noch nie da gewesene Herausforderung. Aufgrund der Covid19-Pandemie kam der Tourismus auf der gesamten Welt zum Erliegen. Viele Länder im globalen Süden und Regionen, die überwiegend vom Tourismus leben, leiden bis heute sehr stark unter der globalen Gesundheitskrise, die Reisen in ferne Länder weiter unmöglich macht. Nach vergleichbaren staatlichen Hilfen, wie sie hier in Deutschland in den letzten Monaten in Anspruch genommen werden konnte, sucht man dort vielerorts vergeblich. Und während in der hiesigen Debatte der Wunsch nach einer Neuausrichtung des Tourismus in Richtung Nachhaltigkeit groß wurde, wissen viele kleine touristische Anbieter:innen im globalen Süden nicht, ob sie überhaupt bestehen können. Dabei ist es so wichtig, dass auch sie sich in Zukunft nachhaltiger aufstellen können.

Launch einer neuen Plattform

Unter dem Motto „Ready for Change“ ging am 19. Juli de neue Plattform von Socialbnb an den Start. Damit will sich das Startup dafür einsetzen, dass der Neustart des Tourismus genutzt wird, um mehr Nachhaltigkeit in die gesamte Branche zu bringen. Interessierte können nun bereits anfangen, auf der Plattform nach passenden Projekten zu recherchieren und ihre nächste Reise auf einfache Weise nachhaltig planen. Dabei sind auch viele Projekte aus Europa dabei, die ggf. noch diesen Sommer besucht werden können.

 

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Bei einer Übernachtung bei dem Projekt Tenerife Horse Rescue auf Teneriffa können
Reisende dabei helfen Pferden und anderen Tieren ein neues Zuhause zu geben.

 

Über Social Media können Reisende ihre Ideen teilen, wie Reisen in Zukunft nachhaltiger gestaltet werden kann. Außerdem enthält die neue Plattform eine Spendenfunktion, über die man alle Projekte ganz einfach finanziell unterstützen kann, falls eine Reise noch nicht möglich ist. Und sobald das Reisen in ferne Länder wieder möglich wird, kann man sich selbst ein Bild vor Ort machen – zum Beispiel bei einer Übernachtung in Pang Na bei Mr. Thy und seiner Schule.

 

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Dr. Andreas Renner, Co-Founder GOOD: andreas@good-search.org