Ein Trinkgeld für mehr globale Gerechtigkeit

© Tipme

Beim Einkaufen ein Trinkgeld an die Menschen senden, die deine Kleidung genäht haben – das junge Sozialunternehmen „Tip Me“ aus Köln macht es mit ihrer innovativen Softwarelösung möglich und verbessert so das Leben von vielen Näher:innen.

Das Thema rund um Transparenz in Lieferketten hat in der letzten Zeit einen deutlichen Aufschwung erfahren. Immer mehr Kund:innen möchten nachvollziehen können, unter welchen Bedingungen ihre Produkte hergestellt werden. Neben der erhöhten Nachfrage auf Konsument:innenseite, veröffentlichen gleichzeitig immer mehr ethische Modemarken freiwillig die Koordinaten ihrer Fabriken und setzen auf Zertifikate. Ab 2023 werden Unternehmen in Deutschland mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden durch das neue Lieferkettengesetz auch rechtlich dazu verpflichtet, ihre Supply Chain transparent offenzulegen. Dadurch soll vor allem sichergestellt werden, dass grundlegende Menschenrechte geschützt und insbesondere das Verbot von Kinderarbeit durchgesetzt wird. Denn noch immer arbeiten weltweit Millionen Menschen aufgrund fehlender sozialer Mindeststandards und Umweltauflagen vor Ort unter ausbeuterischen Bedingungen in Textilfabriken.

Ein Trinkgeld für die Näher:innen deiner Kleidung

Wie wäre es, wenn man diesen Menschen schon heute unterstützen könnte, indem man ihnen beim Online-Shopping ein Trinkgeld, ähnlich wie man es von Restaurantbesuchen kennt, gibt? Mit ihrer innovativen Softwarelösung macht es das junge Sozialunternehmen “Tip Me” möglich. Mit nur einem Klick können Kund:innen in teilnehmenden Partner-Shops ein Trinkgeld an die Macher:innen ihrer Kleidung spenden. Die Trinkgelder werden gesammelt, fair unter den Näher:innen aufgeteilt und auf die individuellen Konten der Menschen überwiesen. Damit kann man nicht Wertschätzung ausdrücken, sondern das Leben der Näher:innen aktiv verbessern. Zum Beispiel das Leben von Thi Be Ty Ngyen aus Vietnam.

 

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Mit 16 Jahren zog er vom Land in die Stadt, um in einer Textilindustrie zu arbeiten. Seine Aufgabe ist es, den Bund an die Jeanshosen von “Dawn Denim” zu nähen, was wiederum der komplizierteste Teil des Nähens ist. Dank der Zusammenarbeit mit Tip Me erhält Thi zusätzlich zu seinem Einkommen etwa 86,- Euro im Jahr. Mit diesem Geld möchte er seine kranke Mutter unterstützen und träumt davon, ihr ein Haus auf dem Lande zu bauen.

Ein 13. Monatsgehalt durch Trinkgelder

Auch für die alleinerziehende und gehörlose Fozia Bibi aus Pakistan hat sich dank Tip Me viel verändert. Sie sieht das Trinkgeld als Anerkennung für ihre gute Arbeit an und kauft mit dem Geld ihren drei Kindern Kleidung. Sie ist eine der wenigen weiblichen Arbeiterinnen in Pakistan, die während ihrer Arbeitszeit hauptsächlich Sohlen an Schuhe klebt. Muhammad Boota arbeitet wie Fozia ebenfalls in der Schuhproduktion von “Ethletic”. Durch Tip Me kommt bei ihm ein 13. Monatsgehalt zusammen, welches er dafür verwendet, seinen vier Kindern ein Taschengeld auszuzahlen und ihnen kleine Geschenke zu machen.

Egal ob in Pakistan oder Vietnam: Alle Macher:innen von Tip Me haben ein persönliches Profil, in denen die Kund:innen mehr über die einzelnen Geschichten erfahren können. Tip Me steht dabei via WhatsApp & Co. im direkten Austausch mit ihnen und überweist 100 Prozent der Trinkgelder auf ihr jeweiliges Bank- oder Handykonto. Das Startup nimmt also keinerlei Provision von den Trinkgeldern. Vielmehr verdient Tip Me ihr Geld damit, indem die teilnehmenden Partnershops wie “Ethletic” und “Dawn Denim” eine monatliche Nutzungsgebühr und Provision für die Nutzung der Softwarelösung zahlen. Die Idee kommt gut an: Knapp die Hälfte aller Kund:innen, die in den teilnehmenden Shops einkaufen, geben auch ein Trinkgeld an die Näher:innen weiter.

So kannst du dich an Tip Me finanziell beteiligen

Tip Me ist ein Social Business, das künftige finanzielle Überschüsse in das eigene Unternehmen re-investiert und somit für seinen sozialen Unternehmenszweck verwendet. Es unterscheidet sich damit von klassischen Unternehmen, die Gewinne an ihre Gründer:innen oder Investor:innen ausschütten. Es gibt aktuell dennoch die Möglichkeit, sich an Tip Me zu beteiligen. Das Unternehmen hat eine Crowdinvestment-Kampagne gestartet und möchte so die Community daran beteiligen, das notwendige Wachstumskapital bereitzustellen. 

 

 

Tip Me arbeitet hierfür mit der Wiener Crowdinvestment Plattform Conda, die mit einem Ableger auch in Deutschland vertreten ist. Die Plattform füllt eine wichtige Lücke im Markt, da sie Finanzierungsformen anbietet, die insbesondere für junge Sozialunternehmen attraktiv sind, die externen Investor:innen keine Firmenanteile (Equity) übertragen wollen, da dies ein Zielkonflikt zwischen Rendite oder Wirkung steigern führen könnte und so gegebenenfalls den sozialen Zweck der Unternehmung verwässert. Die Beteiligung erfolgt über ein Nachrangdarlehen und ist noch bis Ende September möglich. Dies sogar mit sehr geringen Beträgen ab 100,- Euro.

Aus unserer Sicht ist dies eine tolle Möglichkeit, ein echtes Purpose-Unternehmen zu unterstützen. Denn ein Investment in ein Sozialunternehmen hat, wenn es sich erfolgreich entwickelt, einen enormen Hebel. Die positive Wirkung läuft ja auch dann weiter, wenn das Investment zurückgezahlt ist. Deswegen unterstützen wir bei GOOD gerne Projekt über ein soziales Investment, wenn dies möglich ist. 

Wie bei jedem Investment in ein junges Unternehmen, das sich am Markt erst noch etablieren muss, gilt auch für Tip Me: Es ist keineswegs gesichert, dass das Geld zurückfließt oder gar die mit 7 Prozent recht hohe Verzinsung erwirtschaftet wird. Für alle, die das Geld aber sonst auch gespendet hätten oder die über Geld verfügen, das sie nicht zwingend benötigen und darauf achten, nicht alles auf eine Karte zu setzen, ist dies eine starke Option, die Wirkung zu steigern.