Diese Organisationen stärken gezielt Frauen und Mädchen

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Organisationen, die sich dem Kampf gegen Kinderehen und der Beschneidung von Frauen verschrieben haben und Skateboards, die junge Mädchen empowern: Diese 7 Social Entrepreneurship Initiativen setzen sich für mehr Geschlechtergleichheit auf der Welt ein.

Trotz aller internationaler Anstrengungen und Bemühungen der vergangenen Jahrzehnte, werden Frauen und Männer noch immer nicht gleich behandelt. Daher hat sich die globale Staatengemeinschaft im Rahmen ihrer 17 Nachhaltigkeitsziele dazu verpflichtet, die Geschlechtergerechtigkeit weiter voran zu treiben. Denn auch wenn sich die Frauen immer mehr Rechte erkämpfen und ein zunehmend selbstbestimmtes Leben führen, gibt es vielerorts starke Ungleichgewichte. So werden noch immer viel zu viele Frauen regelmäßig Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt, die mancherorts nicht einmal rechtlich geahndet wird, da es keine Gesetze gegen Diskriminierung oder Gewalt gegen Frauen gibt. Auch die Beschneidungen von Frauen ist in einigen Ländern nach wie vor ein echtes Problem. Des Weiteren führt der Gender Pay Gap dazu, dass viele Frauen von Altersarmut betroffen sind. Diese Armut wird neben neben der ungleichen Bezahlung auch durch die sogenannte “Care Arbeit” verstärkt. Denn Frauen verbringen im Vergleich zu Männern dreimal mehr Zeit für die Betreuung von Kindern oder alten Menschen sowie der Hausarbeit, die ihnen wiederum weniger Zeit für bezahlte Lohnarbeit gibt. Um diese Ungerechtigkeiten zu lösen, ist es daher von zentraler Bedeutung, dass die Regierungen weltweit, aber auch die Gesellschaft und die Wirtschaft zusammenarbeiten. Was Social Entrepreneurship Initiativen in Ländern bewirken können, bei denen die offiziellen Kanäle der Diplomatie an ihre Grenzen stoßen, stellen wir dir in diesem Artikel vor. Von mutigen Organisationen, die sich dem Kampf gegen Kinderehen und der weiblichen Beschneidung verschrieben haben über globale Zusammenschlüsse, die sich für ein Ende von geschlechtsspezifischer Gewalt einsetzen bis hin zu Skateboards, die dabei helfen, junge Mädchen zu empowern, setzen sich diese sieben Organisationen auf ganz unterschiedliche Art und Weise für mehr Geschlechtergerechtigkeit auf unserer Welt ein. Mit ihrem Engagement setzen sie sich für eine lebenswerte Zukunft für junge Mädchen und Frauen ein und tragen damit positiv zur Zielerreichung des SDG #5 bei.

«Die Zukunft unserer Welt kann nur hell sein, solange sie unsere Töchter einschließt. In ihre Bildung zu investieren, ist das Beste, was wir für jeden Einzelnen von uns tun können.» – Michelle Obama, ehemalige First Lady der Vereinigten Staaten von Amerika

Girls Not Brides

Kinderehen sind ein globales Problem. So werden nach wie vor jedes Jahr rund 12 Millionen Mädchen auf dieser Welt vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet. Mehr als 650 Millionen Frauen weltweit leiden bereits unter den direkten Folgen der Kinderheirat. Es passiert innerhalb verschiedener Länder, Kulturen, Religionen und Ethnien und wird aus dem Gedanken der Ungleichheit zwischen Mann und Frau genährt. Verschlimmert wird die Problematik oftmals durch Armut, mangelnde Bildung und schädliche soziale Normen und Praktiken sowie Unsicherheit. Wenn die Mädchen in einem jungen Alter verheiratet werden, dann werden sie oftmals schwanger und verlassen vorzeitig die Schule, um sich ganz um Haus und Hof, die eigenen Kinder oder die erweiterte Familie kümmern zu können. Aufgrund von speziellen Schulverordnungen oder Gesetzgebungen wird es den verheirateten Mädchen vielerorts auch schwer gemacht, während oder nach einer Schwangerschaft zurück zur Schule zu gehen. Das Problem ist je nach Gemeinde unterschiedlich und sieht daher auch überall auf der Welt anders aus.

Girls Not Brides” ist ein globaler Zusammenschluss von diversen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für die Beendigung von Kinderheirat einsetzen. Mehr als 1500 Initiativen aus über 100 Ländern setzen sich mit viel Engagement dafür ein, den Mädchen eine bessere Zukunft zu schaffen, bei denen sie ihr Potenzial ganz entfalten können. Die Mitgliedsorganisationen sind international in verschiedenen Ländern verteilt und ansässig in Afrika, Asien, Europa, Amerika und dem Nahen Osten. Sie nehmen sich der Problematik je nach Ursache ganz unterschiedlich an und handeln stets lokal, kontextbezogen und integriert. Dabei stellen die Mitgliedsorganisationen der globalen Partnerschaft immer sicher, dass die gefährdeten Mädchen zur Schule gehen können, gesund bleiben und eine selbstbestimmte Zukunft haben.

Educate Girls

Bildung spielt ebenfalls eine zentrale Rolle bei der Organisation “Educate Girls”, die 2007 als Non-Profit-Organisation von Safeena Husain gegründet wurde. Die Absolventin der London School of Economics arbeitete vor der Gründung intensiv in ländlichen und städtisch unterversorgten Gemeinschaften in Südamerika, Afrika und Asien. Als sie schließlich zurück nach Indien kehrte, gründete sie die gemeinnützige Organisation, deren Schwerpunkt sich vor allem auf die Mobilisierung von Gemeinschaften für die Bildung von Mädchen in ländlichen und bildungsfernen Gebieten Indiens konzentriert. Aktuell arbeitet die Organisation erfolgreich in mehr als 20.000 Dörfern in Rajasthan, Madhya Pradesh und Uttar Pradesh. Mithilfe von Freiwilligen und bestehenden Investitionen der Regierung in Schulen, identifiziert die Organisation die Mädchen, die sich sich außerhalb der Schule befinden, hilft ihnen, sich einzuschreiben und dabei, die Grundkenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen zu verbessern. Für ihre Arbeit wurde die Gründerin Husain mehrfach von renommierten Preisen ausgezeichnet. Zudem initiierte die Organisation den weltweit ersten Development Impact Bonds (DIB) im Bildungsbereich. Das Konzept des DIB beinhaltet, die Finanzierung an die Ergebnisse der Arbeit der Organisation zu binden. Bereits im ersten Jahr konnten die Zielvorgaben übertroffen werden, was ein Beleg dafür ist, dass Educate Girls weiterhin Qualität im großem Umfang und einen echten Mehrwert für jedes einzelne Kind im Programm liefert.

«Ich traf einmal ein Mädchen, das nicht zur Schule ging, und fragte sie: „Was willst du werden?“, worauf sie antwortete: „Niemand hat mir je diese Frage gestellt, also habe ich nie darüber nachgedacht.“ Dasselbe Mädchen wird nun von Educate Girls eingeschult und möchte heute Polizistin werden! Das ist die Macht der Bildung.» – Safeena Husain, Gründerin und Geschäftsführerin von Educate Girls

© Educate Girls

 

Crowd2Map

In Tansania ist die weibliche Genitalverstümmelung seit 1998 bei Mädchen unter 18 Jahren offiziell verboten und unter Strafe gestellt. Dennoch werden noch immer 30 bis 60 Prozent der Mädchen und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren – vor allem in den ländlichen Gemeinden Tansanias – beschnitten. Dies geschieht oftmals unter strenger Geheimhaltung und ohne der Zustimmung der Betroffenen. Die weibliche Beschneidung gilt dort als traditioneller Übergangsritus ins Erwachsenenalter und sichert den Eltern der betroffenen Mädchen, in der Regel eine höhere Mitgift. Die illegale Praxis wird oft ohne Schmerzmittel und hygienische Hilfsmittel durchgeführt, was wiederum zu komplexen Infektionen, Unfruchtbarkeit und in einigen Fällen sogar zum Verbluten führen kann. Es ist von zentraler Bedeutung, die gefährdeten Mädchen vor dieser Praxis zu schützen und sie aus der Situation zu holen. Lokale Rettungsteams und die Polizei übernehmen diese Aufgabe. Jedoch werden sie in der Regel nur wenige Stunden und nachts vor dem geplanten Eingriff informiert, was ein schnelles Handeln erforderlich macht. Die Eingriffe finden vor allem in sehr abgelegenen Regionen statt, die nur schwer auffindbar sind. Dafür benötigen die Helfer:innen bessere Karten.

Die Organisation “Crowd2Map Tanzania” kartiert seit 2015 das ländliche Tansania in OpenStreetMap und hilft so, die ländlichen Regionen für die Helfer:innen besser zugänglich zu machen. Seit der Gründung wurden mehr als 16.000 Fernkartierer:innen aus der ganzen Welt geschult, aus Satellitenbildern Basiskarten zu erstellen. Mehr als 3.000 Kartier:innen vor Ort sorgten seither dafür, den Basiskarten zusätzliches, lokales Wissen hinzuzufügen. Das vollständig von Freiwilligen getragene Kartierungsprojekt hat seit 2015 Schulen, Krankenhäuser, Straßen, Gebäude und Dörfer in OpenStreetMap aufgenommen. Dank besserer Karten können die Rettungsteams und Polizei die gefährdeten Mädchen schneller aus den schlimmen Situationen retten und sie so vor ihren Gefährder:innen schützen.

 

Women Without Borders

Die Organisation “Women Without Borders” (kurz WwB, zu Deutsch: Frauen ohne Grenzen), ist eine international tätige, gemeinnützige Organisation mit Sitz in Wien, die sich auf die Themen weibliche Führung, Kapazitätsaufbau, geschlechtsspezifische Gewalt, interkulturellen Dialog und die Verhinderung von gewalttätigen Extremismus konzentriert. Gegründet wurde die Initiative im Jahr 2001 von der international anerkannten Sozialwissenschaftlerin und ausgebildeten Psychoanalytikerin Dr. Edith Schlaffer. Die Organisation ist mittlerweile in 40 verschiedenen Ländern tätig und sorgt mit ihren Programmen dafür, die Erkenntnisse aus der Forschung in die Praxis umzusetzen. Vor allem möchte sie weltweit Frauen dazu befähigen, sich von der Opferrolle zu entfernen und in Richtung Handlungsfähigkeit zu bewegen. So gründete die Organisation 2008 die weltweit erste weibliche Anti-Terror-Plattform namens “Sisters Against Violent Extremism” (kurz SAVE, zu Deutsch: Schwestern gegen gewalttätigen Extremismus). Das Netzwerk sensibilisiert dabei Frauen für ihre Rolle und Verantwortung beim Aufbau von Resilienz in der Gemeinschaft. Des Weiteren gibt es seit 2013 das sehr erfolgreiche Programm der “MotherSchools”, bei denen die Potenziale von Müttern bei der Prävention von gewalttätigem Extremismus optimal genutzt werden. Seit ihrer Gründung stärkt WwB also den globalen Pool weiblicher Talente, stärkt die Resilienz durch community-basierte Ansätze und macht die Welt auf beeindruckende Geschichten mit Mehrwert aufmerksam. Dabei beeinflussen die eigens entwickelten Strategien zur Friedensförderung die regionale, nationale und internationale Politik jeden Tag aufs Neue.

Skateistan

Skateistan” ist eine preisgekrönte, professionell aufgestellte Non-Profit mit Sitz in Berlin. In ihren Skateboard-Schulen, die sich in Ländern wie Kambodscha, Jordanien und Südafrika befinden, vermitteln sie heute mehr als 3.000 Kindern und Jugendlichen wichtige Life Skills und sichert ihnen einen Zugang in oder zurück in die Schule. Sie fokussieren sich dabei auf Gruppen, die oft von Sport- und Bildungseinrichtungen ausgeschlossen werden – darunter insbesondere junge Mädchen – aber auch Kinder mit Behinderungen und Kindern aus einkommensschwachen Verhältnissen. Dabei arbeitet die Initiative auf der Grassroot-Ebene ganz unten und kommt auch mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt, die sonst auf der Strecke bleiben würden. In den Skateboard-Schulen finden die Kinder einen sicheren Raum, wo sie Spaß haben können, ihre Fähigkeiten und das Vertrauen in sich selbst stärken können und in dem soziale Barrieren abgebaut werden und neue Freundschaften entstehen. 

Chaiim Foundation

Die “Chaiim Foundation” mit Sitz in Mumbai, hat es sich zum Ziel gemacht, das Leben von Überlebenden des Menschen- und Sexhandels in Indien zu verbessern. Gegründet wurde die Stiftung von zwei besten Freunden. Gemeinsam entwickelten sie das dreijährige Rehabilitationsprogramm, das die betroffenen Frauen dazu anleitet, gute Entscheidungen zu treffen, ihren Lebensunterhalt durch einen würdigen Job zu verdienen und ein sicheres Zuhause zu haben. Dank des qualifizierten Personals der Chaiim Foundation konnten bis heute etwa 195 Überlebende in die Gemeinschaft zurückgeführt werden. Zur Zeit sind noch 35 Überlebende in dem Programm, die auf die Unterstützung und Hilfe der Organisation angewiesen sind. Die Organisation gibt den Frauen dabei nicht nur Halt, sondern vermittelt grundlegende Lebenskompetenzen, stellt ihnen Wohnungen, versorgt und berät sie in gesundheitlichen Fragen und bereitet sie auf ihrem weiteren Bildungs- und Berufsweg vor.

Ruby Cup

Hinter dem „Ruby Cup“ steckt eine Menstruationstasse mit guter Mission. Denn für jede verkauften Ruby Cup wird nach dem „Buy One, Give One“-Prinzip eine Menstruationstasse an einen Menschen ohne Zugang zu Periodenprodukten gespendet. So kann man mit dem eigenen Konsum das Leben eines jungen Mädchen oder Frau ganz einfach nachhaltig verändern. Denn genau wie die Käuferin hat die Bespendete bis zu zehn Jahr eine verlässliche und sorgenfreie Lösung für ihre Periode. Gemeinsam mit ihrer globalen Community hat das frauengeführte Sozialunternehmen so bisher mehr als 100.000 Menstruationstassen in 13 verschiedenen Ländern spenden können. Neben dem Ruby Cup erhalten die jungen Mädchen und Frauen zusätzlich auch Zugang zu Aufklärungsworkshops. Dort finden einen sicheren Raum, um alle ihre Fragen zu reproduktiver Gesundheit, Menstruationshygiene und korrekten Anwendung der Menstruationstasse zu stellen. Das ist so wichtig, denn in vielen Ländern wird die Periode noch immer tabuisiert und der Bedarf an sexueller Aufklärung ist riesig. Dabei arbeitet das Sozialunternehmen in enger Zusammenarbeit mit lokalen Partner:innen auf Augenhöhe, die wiederum durch Follow-Up-Besuche und Peer-to-Peer-Monitoring sicherstellen, dass ihre Arbeit auch wirklich Wirkung zeigt.

© Skateistan