Bei diesen sozialen Initiativen dreht sich alles um’s Rad

© Bike Bridge / Felix Grotel

Wie Fahrräder Brücken bauen und Vorurteile aus dem Weg räumen, den Zugang zu medizinischer Versorgung sichern und sogar Arbeitsplätze schaffen können, zeigen diese 9 Initiativen.

Fahrradfahren hält nicht nur gesund und fit, sondern ist eine wunderbare klimafreundliche Alternative zum Auto. So emittieren heutige Autos zwar deutlich weniger Kohlendioxid als früher, gleichzeitig fahren heute aber deutlich mehr Menschen Auto. Der Zuwachs an Verkehrsteilnehmer:innen hebelt den technologischen Fortschritt also wieder aus. Daher ist es wichtig, sich umweltverträgliche Alternativen wie das Fahrrad anzusehen und zu nutzen. Gleichzeitig ist das Fahrrad, vor allem im globalen Süden, weit aus mehr als ein reines klimafreundliches Transportmittel. Vielerorts eröffnen sich mit dem Rad neue Möglichkeiten und das Leben wird ganz direkt positiv beeinflusst. Die Menschen erhalten beispielsweise Zugang zu diversen Angeboten wie medizinischer Versorgung und können ihre Alltagswege leichter bewältigen. Am Ende sorgt das Fahrrad an vielen Orten der Welt sogar dafür, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden und bietet den Menschen eine attraktive Beschäftigungsmöglichkeit. Wir stellen euch 9 Sozialunternehmen vor, die genau dieses Potenzial erkannt haben und sich mit ihrer Arbeit jeden Tag aufs Neue dafür einsetzen, dass sich der Anteil des Radverkehrs weltweit verbessert.

 

Mozambikes

Mozambikes versorgt Menschen, die am unteren Ende der Einkommenspyramide leben, mit robusten Fahrrädern, die auch im ländlichen Raum funktionieren. Die Fahrräder sind dabei weitaus mehr als ein reines Transportmittel. Vielmehr verbessern die Räder die Lebenssituation der Menschen vor Ort signifikant, indem sie Zugang zu Ärzt:innen, sauberem Trinkwasser, zur Schule und zu Märkten garantieren. Das macht die Menschen vor Ort unabhängig – auch von steigenden Benzinkosten, die sie durch die Fahrräder einsparen können. Die von Lauren und Rui nach einem Roadtrip durch Mosambik gegründete Non-Profit finanziert die Räder mit Spenden und Fahrrad-Patenschaften. Gute Idee: Die Fahrräder können Werbebanner tragen; über dieses Sponsoring können so die Kosten für die Räder teils finanziert werden. Vielfach nutzten auch Non-Profit Organisation diese Form des Marketings für eine gute Sache.

Velafrica

Ganz ähnlich wie Mozambikes, funktioniert auch die Schweizer Initiative Velafrica. Während im Schweizer Raum immer mehr Räder ungenutzt herumstehen, sind sie in vielen afrikanischen Ländern noch immer eine hoch geschätzte Mangelware. Schließlich kommt man mit Rad viermal schneller vorwärts und man kann bis zu dreimal mehr Lasten transportieren. Seit nun mehr als 25 Jahren sammelt die Organisation ungenutzte Räder aus der Schweiz, repariert diese in sozialen Einrichtungen und spendet sie schließlich an Partnerunternehmen in Afrika. Der Verein ist mittlerweile in insgesamt sieben Ländern, darunter vier Fahrradläden in Westafrika und fünf -zentren in Burkina Faso, Tansania, Madagaskar und Südafrika, aktiv und exportiert jährlich über 20.000 Fahrräder. Gleichzeitig entstehen in den Partnerunternehmen neue Arbeitsplätze in der Werkstatt, dem Verkauf und der Administration. Außerdem hat die Organisation ein Ausbildungsprogramm zu Velomechaniker*innen etabliert, bei dem jungen Menschen eine Perspektive gegeben wird und eine langfristige Nutzung der exportierten Räder sichergestellt wird.

World Bicycle Relief

Die internationale Fahrrad-Hilfsorganisation World Bicycle Relief bildet das Dach über eine Vielzahl an Initiativen. Gegründet wurde die Organisation im Jahr 2005 nach dem Tsunami im Indischen Ozean. In Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen in Sri Lanka konnten im Gründungsjahr mehr als 24.000 Fahrräder gesammelt werden, um diese an die Menschen in Not zu spenden. Mehr als 15 Jahre später, arbeitet heute ein 170-köpfiges Team in mehr als 13 Ländern für die Initiative und verändert so das Leben vieler Menschen weltweit. Mit den speziell entwickelten, robusten und vor Ort montierten Rädern der Hilfsorganisation bekommen die Menschen nicht nur Zugang zu diversen Versorgungsangeboten, sondern es werden auch Arbeitsplätze geschaffen. Von der Initiative ausgebildete Mechaniker:innen warten die Räder regelmäßig und stellen so eine nachhaltige Nutzung dieser sicher. Unterstützt wird die Hilfsorganisation u.a. auch von dem Freiburger Unternehmen Jobrad, die sich für die Umnutzung von (Elektro-)Fahrrädern zu Diensträdern einsetzt.

© Velafrica

Velafrica sammelt ungenutzte Räder aus der Schweiz, repariert diese
und spendet sie schließlich an Partnerunternehmen in Afrika.

 

WeTu

WeTu ist ein von der Siemens Stiftung gegründetes Sozialunternehmen, dass nachhaltige und innovative Lösungen für bessere Mobilität, saubere Energie und sicheres Wasser liefert. Die Firma, die sich in Kenia gegründet hat, möchte im Bereich der Mobilität vor allem das Thema Elektromobilität im ländlichen Kenia in der Region des Victoriasees voranbringen. Dafür baut die Firma, gemeinsam mit lokalen und internationalen Start-Ups, eine Ladeinfrastruktur mit über 30 Solar-Hubs im westlichen Kenia auf. Neben dem Umbau von konventionellen Mopeds zu Fahrzeugen mit Elektroantrieb, möchte das Sozialunternehmen auch selbstgebaute, elektrisch betriebene Cargo Bikes vor Ort als umweltfreundliches Transportmittel etablieren. Das technologische Know-How hinter den Lastenfahrrädern stammt dabei maßgeblich von der Berliner Firma Anywhere.berlin, die Partnerunternehmen von WeTu ist.

SunCycles

Das Startup SunCycles aus Windhoek setzt weniger auf Lastenräder als auf robuste, solarbetriebene E-Bikes für Namibia. Auch hier wird die Frage der Ladeinfrastruktur gemeinsam mit diversen Partner:innen vor Ort gelöst. Neben selbstgebauten Container-Aufladestationen mit Solarzellen gibt es auch E-Bike Initiativen in Nationalparks. Mit durchschnittlich 300 Sonnentagen pro Jahr in Namibia, eignen sich solarbetriebene E-Bikes hervorragend und so finden die 2014 eingeführten Räder heute sowohl im städtischen als auch ländlichen Raum eine breite Anwendung.

Bike Bridge

Mit ihrem Konzept “Bike & Belong” setzt sich die Organisation Bike Bridge dafür ein, Brücken zwischen Menschen, Projekten und Organisationen zu bauen. Dabei liegt der Fokus des Vereins insbesondere bei Frauen mit Fluchthintergrund, die durch das Fahrradfahren bewegt, verbunden und gestärkt werden. Neben diesem Projekt organisiert die gemeinnützige Initiative seit 2020 zusätzlich Rikschaausfahrten für und mit Senior*innen in Freiburg. Gemeinsam mit Radeln ohne Alter Deutschland e.V. und getreu dem Motto “Jeder hat das Recht auf Wind in den Haaren” wollen sie die Mobilität älterer Menschen steigern und darüber hinaus ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verbessern.

© WeTu

WeTu möchte unteranderem selbstgebaute, elektrisch betriebene Cargo Bikes
in Kenia als umweltfreundliches Transportmittel etablieren.

Stadtradeln

Einer bekannten Theorie zufolge, dauert es etwa 21 Tage, um eine alte Gewohnheit zu ändern und eine neue zu etablieren. Mit der Aktion Stadtradeln kann jede:r einzelne von uns dies selbst einmal probieren und dabei einen Beitrag für ein besseres Klima, mehr Radförderung und Lebensqualität im eigenen Kiez leisten. Bei Challenges von einem Zeitraum von insgesamt 21 Tagen geht es darum, möglichst viele Kilometer klimafreundlich mit dem Fahrrad zu absolvieren. Dabei zählt jeder Alltagsweg und neben dem guten Gefühl und einer hoffentlich neuen Angewohnheit, werden unter allen Teilnehmenden Preise von namhaften Unterstützer:innen verlost.

Rydeup

Die App Rydeup funktioniert nach einem ganz ähnlichen Prinzip wie der Stadtradeln-Wettbewerb. Anstatt das Radfahren auf eine 21-tägige Challenge zu begrenzen, wird das Radfahren mit Rydeup tagtäglich belohnt. Nutzer:innen laden sich dafür die App herunter und tracken ihre gefahrenen Kilometer. Jeder Kilometer wird dabei mit 10 sogenannten Rydeup-Coins (RC) belohnt, mit denen man wiederum eine Vielzahl verschiedener Produkte und Dienstleistungen aus der eigenen Stadt kaufen kann. Seit 2019 stärkt das junge Unternehmen aus Aachen mit ihrer App die nachhaltige Fortbewegung und fördert zugleich den lokalen innerstädtischen Handel. Außerdem kann das Unternehmen einen datenbasierten Beitrag leisten, um die innerstädtische Infrastruktur in Zukunft sinnvoll und nachhaltig weiter zu entwickeln.

Goodmotion

Das Startup Goodmotion aus Freiburg hat eine Idee, mit der Fahrradfahrer:innen auch schwere Lasten einfach mit dem Fahrradanhänger transportieren können. Während viele Anbieter:innen immer raffiniertere Lastenräder entwickeln, setzt Goodmotion auf den klassischen Fahrradanhänger. Dieser wird über eine innovative “schwerelose Fahrradkupplung” an das Fahrrad gehängt. Diese steuert einen Elektromotor im Hänger so, dass der Anhänger für den Fahrradfahrer nicht spürbar ist. Die Steuerung sorgt dafür, dass der Hänger mit beschleunigt und abbremst. Selbst wenn das Bike also am Berg abgestellt wird, muss man sich keinerlei Sorgen machen, denn der voll beladene Hänger stehen, statt wegzurollen.