Diese Studien zum Klimawandel machen Mut
Mit dieser Auswahl an Studien wollen wir Mut machen. Sie zeigen, dass ihr mit eurem Engagement für Umwelt- und Klimaschutz nicht alleine seid und dass sich beherztes Handeln auch heute noch lohnt.
Im August 2021 veröffentlichte der Weltklimarat (IPCC) eine Studie, die in der Öffentlichkeit für viel Furore sorgte. Die Autor:innen zeichneten dort ein ziemlich düsteres Bild: Im Kern des Entwurfs geht es um den Klimawandel, der schneller und brutaler auf uns zurast als erwartet. Die Folgen für Europa: verheerend. Der menschengemachte Klimawandel kann demnach nur in einem gemeinsamen Kraftakt aller Beteiligten verlangsamt, aber längst nicht mehr gestoppt, werden. Dafür ist es mittlerweile viel zu spät. Mit seinen Schlussfolgerungen gilt der Weltklimarat als Wegweiser für die globalen Entscheidungsträger:innen. Im Februar 2022 wird nun die Endfassung der Studie präsentiert. Es bleibt zu hoffen, dass die Machthaber:innen den alarmierenden Worten der Wissenschaftler:innen dann entsprechend Gehör schenken werden und eine entschlossene Klima-Strategie erarbeiten. Dass die Politik dafür genug Rückendeckung aus der Zivilgesellschaft und Teilen der Wirtschaft hat, beweisen diese vier Studien aus 2021, die einen positiven Ausblick haben und somit vor allem Mut machen.
1. Weleda-Natur-Studie 2021
Die Biodiversität ist ein viel diskutiertes Thema in den Medien im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Gerade dann, wenn es um die globale Erwärmung geht oder Extremwetterereignisse behandelt werden, wird häufig von einer Bedrohung der biologischen Vielfalt gesprochen. Inwieweit sich die deutschsprachige Bevölkerung schon heute für das Thema engagiert, hat die “Natur-Studie” von Weleda ermittelt. Das Naturkosmetik-Unternehmen führt hierfür jährlich eine repräsentative Studie im DACH-Raum durch. Die Studie fand dabei heraus, dass sich bereits heute ein Großteil der Bevölkerung aktiv für mehr Biodiversität engagiert und dass der Verlust der Biodiversität einem Großteil (65 Prozent) in ihrer eigenen Umgebung bereits aufgefallen ist.
Viele Menschen engagieren sich heute schon bewusst für mehr Biodiversität
Ob es das Vermeiden von Verpackungsmüll (69 Prozent), der Verzicht auf Flugreisen (56 Prozent), der Kauf regionaler, saisonaler Lebensmittel ist (57 Prozent) oder mit etwas Abstand die Reduktion des Fleischkonsums (44 Prozent) ist: Sowohl im Einkaufsverhalten als auch im Umgang mit der Natur zeigt sich die Mehrheit bereit, etwas für die Biodiversität zutun.
Doch gleichzeitig bestätigten die Zahlen zum Fleischkonsum und auch zur Entscheidung, sich beispielsweise für Second-Hand-Kleidung zu entscheiden (18 Prozent), was auch in der Weleda Natur-Studie 2020 deutlich wurde: Verzicht und Zusatzaufwand, beispielsweise finanzieller Natur, sorgen trotz gesteigertem Bewusstsein für Barrieren im Verhalten auf Seite der Konsument:innen. Daher sehen die Konsument:innen auch ganz konkret die Wirtschaft in der Pflicht. Sie erwarten von den Unternehmen unter anderem nachhaltige Verpackungs- und Transportlösungen sowie faire, zurückverfolgbare Lieferketten und Angebote im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Die gute Nachricht: Bei 59 Prozent sind Nachhaltigkeitskriterien schon ein fester Bestandteil der Kaufentscheidung und viele sind davon überzeugt, dass ihr persönliches Handeln einen Unterschied machen kann.
2. Jugendstudie vom IÖW – Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
Zu einem ganz ähnlichen Schluss kommt die Jugendstudie vom Berliner Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Bei der Repräsentativbefragung “Zukunft? Jugend fragen!” wurden etwa 1.000 Jugendliche im Alter von 14 bis 22 Jahren zu ihren Einstellungen und Verhaltensweisen im Umwelt- und Klimaschutz befragt.
Jede:r einzelne kann sich wirkungsvoll für den Umwelt- und Klimaschutz engagieren
Zu den wichtigsten Themen gehören für die jungen Menschen neben dem Umwelt- und Klimaschutz, der Zustand des Bildungswesen sowie die soziale Gerechtigkeit. Mit 61 Prozent sieht eine deutliche Mehrheit der Jugendlichen Umwelt- und Klimaschutz als etwas an, das im Verantwortungsbereich jeden einzelnen liegt. Die Bedeutung von Politik oder Industrie wurden deutlich geringer eingestuft.
Wirkungsvolle Maßnahmen, sich zu engagieren seien die Unterzeichnung von Online-Petitionen und -Aktionen, die Teilnahme an Demonstrationen oder die Mitarbeit bei einer Natur- oder Umweltschutzgruppe. Ein Viertel der Jugendlichen war beispielsweise schon einmal bei einer Demonstration von Fridays For Future dabei, ein weiteres Drittel könnte sich vorstellen, künftig einmal daran teilzunehmen. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) hat schon mal eine Petition unterschrieben, jede:r Fünfte (22 Prozent) sich in einer Umwelt- oder Naturschutzorganisation engagiert.
3. Umweltbewusstseinsstudie vom Umweltbundesamt
Die “Umweltbewusstseinsstudie” vom Umweltbundesamt (UBA) feierte 2021 ihr 25-jähriges Bestehen. Seither ermittelt die Studie alle zwei Jahre im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) das Umweltbewusstsein der Deutschen. Bereits seit 2018 zeichnet sich demnach eine “Renaissance” eines gesteigerten Umweltbewusstseins ab. So wurde 2019 der Umwelt- und Klimaschutz sogar als das wichtigste Thema angesehen. 2020 wurde dies dann durch die Themen Bildung sowie – pandemiebedingt – den Zustand des Gesundheitssystems auf Platz 3 von insgesamt 13 Themen verdrängt. Auch in 2021 nimmt der Umwelt- und Klimaschutz wieder einen hohen Stellenwert für die Bürger:innen ein – obwohl andere Themen wie beispielsweise die Corona-Pandemie aktuell ja nach wie vor auch viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Ein starker Rückhalt für ein entschlossenes Handeln in der Klimaschutzpolitik
Ein weiterer Schwerpunkt der Befragung war die Haltung zu möglichen klimapolitischen Maßnahmen. Demnach gibt es einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung für ein entschlossenes Handeln bei der Klimaschutzpolitik im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation. Mit 76 Prozent sind mehr als Dreiviertel der Deutschen der Ansicht, die Klimaschutzziele ehrgeiziger angehen zu müssen und sehen es im eigenen Interesse von Deutschland, beim Klimaschutz voranzugehen.
Maßnahmen wie beispielsweise die CO2-Bepreisung, die in der öffentlichen Debatte ja in Teilen sehr emotional geführt werde, werden von einer deutlichen Mehrheit positiv bewertet. Auch der Abbau klimaschädlicher Subventionen und die Förderung klimafreundlicher Produkte und Technologien wird von einem Großteil befürwortet. Diese Erkenntnisse könnten laut den Autor:innen der Studie “sowohl als Mahnung als auch als Ermutigung für die Politik betrachtet werden, beim Umwelt- und Klimaschutz mutiger voranzugehen”.
4. Volkswirtschaftliche Studie im PNAS Fachmagazin
Dass sich ein mutiges Handeln beim Klimawandel auch volkswirtschaftlich rechnet, hat uns bereits 2006 der ehemalige Chefökonom der Weltbank, Nicholas Stern, vorgerechnet. In dem für die britische Regierung erstellten, viel zitierten Report hatte Stern ausgeführt, dass es etwa ein Prozent des weltweiten jährlichen Bruttoinlandsprodukts kosten würde, um den weiteren Anstieg des CO2-Gehalts in der Atmosphäre innerhalb von 15 Jahren zu stoppen (also bis zum Jahr 2021!). Dies nicht zu tun würde mittelfristig das Bruttoinlandsprodukt weltweit um fünf Prozent, wenn nicht gar deutlich höher, belasten. Diese Ergebnisse hat nun eine Studie weiter ausgemalt, die im renommierten Fachmagazin »Proceedings of the National Academy of Sciences« (PNAS) vorgestellt wurde – mit einem unerwartet optimistischen Ausblick.
Klimaschutz rechnet sich volkswirtschaftlich schneller als gedacht
Die Studie bei PNAS kam zu dem Schluss, dass sich klimapolitische Maßnahmen deutlich schneller als gedacht rechnen würden. Die Wissenschaftler:innen um Drew Shindell von der Duke University setzen dabei ganz auf die positiven Effekte von Umweltschutz auf die Gesundheit der Menschen. Die Maßnahmen zur Einhaltung des 2-Grad-Ziels insbesondere im Bereich der E-Mobilität und erneuerbare Energien würden zu weniger Abgasen führen und zu einer verbesserten Luft beitragen. Das wiederum würde zu gesünderen Menschen und besseren Ernteerträgen führen.
Bereits bis 2030 könnte der volkswirtschaftliche Gewinn der sauberen Luft das fünf- bis 25-fache der Klimaschutz-Kosten betragen und innerhalb der nächsten 40 Jahren auf 160 Billionen US-Dollar ansteigen, jeweils bezogen auf die USA. Für ihre Berechnungen nutzten die Wissenschaftler:innen übrigens die Szenarien der eingangs erwähnten IPCC-Studie.
Deutlich nüchterner in ihren Annahmen dürfte dagegen die Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2019 sein. Hier hatten die Wissenschaftler:innen ermittelt, dass durch einen ambitionierten Klimaschutz das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands in 2030 um rund 30 Milliarden Euro höher liegen könnte im Vergleich zum Szenario ohne ambitionierten Klimaschutz. Der Klimaschutz würde das Bruttosozialprodukt unmittelbar steigern, nicht absenken.
Die hier vorgestellten Studien machen auf jeden Fall Mut, die Klimaziele weiter ehrgeizig zu verfolgen – im Privaten, genauso wie in der Wirtschaft und Politik. Vor allem politische Maßnahmen, die einen Rahmen schaffen, werden dabei von der breiten Bevölkerung weitgehend positiv bewertet. Worauf also noch warten?