Wie ein Social Entrepreneur auf innovative Weise Mangelernährung beendet

© Malicky Boaz / Sanku

Die Anreicherung von Grundnahrungsmitteln mit lebenswichtigen Vitaminen und Mineralstoffen gilt als der effektivste Weg, um Mangelernährung zu beseitigen. Sanku hat einen Weg gefunden, dies in den kleinsten Dörfern Afrikas zu ermöglichen.

Es ist ungewöhnlich, dass ein Non-Profit Startup sich mit der Anreicherung von Grundnahrungsmitteln befasst. Denn hierfür gibt es große internationale Initiativen wie die Global Alliance for the Improvement of Nutrition, die unter anderem mit Regierungen, den großen multinationalen Konzernen und Programmen wie dem World Food Programme zusammenarbeitet. Auch in Tanzania, wo das Sozialunternehmen Sanku beheimatet ist, engagiert sich die Regierung für die Beseitigung von Mangelernährung. So müssen bereits seit 2011 alle Getreidemühlen das Maismehl, das nahezu jede Familie konsumiert, mit einem Mix Eisen, Zink, Vitamin B12 und Folsäure anreichern. Dennoch gilt ein Drittel der Kinder in Tanzania als mangelernährt. Der Grund: Die staatlichen Programme erreichen die vielen kleinen Dorfmühlen nicht, die 87% der Produktions ausmachen.

Genau hier das von dem US-Amerikaner Felix Brook-Church in Dar-es-Salam aus der Organisation „Project Healthy Children“ heraus gegründete Startup Sanku an. Das Non-Profit Unternehmen hat einen  Weg gefunden, die Anreicherung von Mehl für die vielen kleinen Dorfgetreideühlen attraktiv zu machen. Das Modell von Sanku steht auf zwei Säulen:

  • ein einfach zu handhabendes Dosiergerät
  • ein Geschäftsmodell, dass es den Getreidemühlen erlaubt, das Mehl ohne Zusatzkosten anzureichern

Das von Sanku entwickelte Dosiergerät lässt sich nachträglich bei allen kleinen Dorfmühlen nachträglich installieren. Dank einer Partnerschaft mit Vodafone’s „Internet of Things“-Initiative werden diese digital überwacht. So kann Sanku sicherstellen, dass die Anreicherung des Mehls korrekt erfolgt und kann anstehende Wartungs- oder Reparaturarbeiten auf den Weg bringen. Auch hilft die digitale Steuerung, die Wirkung zu messen, da Sanku im Blick hat, welche Mengen an Mehl angereichert wurden.

 

© Malicky Boaz / Sanku

Ein wichtiger Aspekt von Sanku ist
die Kooperation mit School Meal Programmen.

 

Das Geschäftsmodell von Sanku ist faszinierend. Den mit Hilfe eines kleinen Tricks gelingt es, das ganze System für die Getreidemühlen wie auch für die Konsumenten kostenneutral zu halten. Zwar kosten die Nahrungsmittelergänzungsstoffe selbst nicht viel. Aber der Markt für  Grundnahrungsmittel ist so preissensitiv, dass selbst ein minimaler Preisaufschlag um wenige Cent von den Kunden nicht akzeptiert wird. Teils weil die Menschen selbst finanziell keinerlei Spielräume haben, teils weil die Menschen im ländlichen Raum wenig über die Bedeutung von Nahrungsmittelergänzungsstoffen wissen und keinen Zugang zu verlässlichen Informationsquellen haben.

Sanku löst das Problem mit einer einfachen wie genialen Geschäftsidee: Das Unternehmen beliefert die Getreidemühlen nicht nur mit den Nahrungsmittelergänzungsstoffen, sondern auch mit den farblich gesondert gekennzeichneten Säcken, mit denen as angereicherte Mehl später verkauft wird. Sanku lässt die standardisierten Getreidesäcke in großen Stückzahlen herstellen und verkauft diese den Mühlenbetreibern für den gleichen Preis, den diese für normale Säcke bezahlt hätten. Da Sanku die preistreibenden Zwischenhändler umgeht, entsteht eine Marge, mit der Sanku die Nahrungsmittelergänzungsstoffe subventioniert. Für den Mühenbetceiber wie auch den Endkonsumenten ist das ganze somit kostenneutral. Der Kunde erkennt das angereicherte Mehl sofort an der Farbe der Säcke. Diese sind nämlich rosa gestreift.

«Nahrungsmittelergänzung lässt sich schwer verkaufen. Aber jeder weiß, was Qualität ist»
Felix Brooks-Church, Gründer Sanku – Project Healthy Children

Hinzu kommt ein weiterer Vorteil. Während in in Dorfmühlen verwendeten Getreidesäcke oftmals schäbig aussehen, sind die Getreidesäcke von Sanku sauber, glänzend und tragen zudem das Logo der nationalen Lebensmittelbehörde, der die Menschen vertrauen.

Sanku entstehen dennoch Kosten: Denn das Unternehmen stellt die Dosiergeräte den Getreidemühlen kostenfrei zur Verfügung und müssen vorfinanziert werden. Für die Installation entstehen ca 2.500 USD an Kosten, die aufgewendet werden müssen. Jede Mühle erreicht durchschnitt dann 5.000 Menschen. Die Investitionskosten betragen somit einmalig ca 50 Cent pro erreichter Person. Dies ist zwar nicht viel, aber dennoch der aktuell größte Engpass, um zu wachsen. Denn das Ziel ist ambitioniert: Sanku möchte bis 2025 einhundert Millionen Menschen erreichen.

 

 

Die aktuelle Pandemie verschärft das Problem der Mangelernährung auf gefährliche Weise. Nicht nur verschärft die Krise das Problem, das Menschen sich schlicht und einfach den Kauf von Nahrungsmitteln nicht leisten können. Hinzu kommt, dass mit der Schließung von Schulen auch die Schulspeisungsprogramme wegfallen – für viele Kinder die einzige reguläre Mahlzeit am Tag.

Als Sozialunternehmen versucht Sanku dort anzusetzen, wo es die größte Wirkung erzielt. So versorgen aktuell 37 der Sanku Partnermühlen in regulären Zeiten staatliche Schulspeiseprogramme. Darüber hinaus hat Sanku ein „Regie at Risk Communities“-Programm gestartet und unterstützt das Welternährungsprogramm, unter anderem burundische und kongolesische Flüchtlinge in Tansania zu versorgen. Die Arbeit von Sanku wird heute mehr denn je gebraucht.

 

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Dr. Andreas Renner, Co-Founder GOOD: andreas@good-search.org